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Kommentar Europas AußenpolitikBen Ali, Gaddafi, ...

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Europa muss aus der tunesischen Revolution lernen, dass der Schein der Stabilität trügen kann. Und dass sie als Werteunion auch für ihre Werte eintreten muss.

B eim Umgang mit Diktatoren macht Europa keine gute Figur. Deutliche Kritik gibt es nur, wenn das Land weit weg ist, kein Öl hat, von europäischen Geldern abhängt und keine eigenen Druckmittel einsetzen kann.

Für die direkten Nachbarn Europas hingegen, ob in der ehemaligen Sowjetunion oder an der Südküste des Mittelmeers, gelten andere Maßstäbe. Man äußert sich nur verhalten, oder man hofiert sogar die Autokraten. Von Tunesien bis Usbekistan haben das die Herrscher der europäischen Peripherie begriffen, und sie haben dafür Europa verachten gelernt.

In Tunesien hat sich die Verlogenheit der europäischen Politik offenbart. Jahrelang lobte Europa den Diktator Ben Ali als Modernisierer und Freund. Noch in der Schlussphase des Volksaufstands bot Frankreich dem tunesischen Regime Polizeihilfe an, Flugzeugladungen voller Tränengas für Tunesien wurden nur durch den Umsturz in Tunis auf dem Pariser Flughafen gestoppt. Selbst jetzt kündigt die EU die Sperrung der Konten Ben Alis in Europa mit mehreren Tagen Vorlauf an, sodass er sie rechtzeitig leeren kann.

Bild: taz

DOMINIC JOHNSON ist Afrika-Redakteur im taz-Auslandsressort.

Nun ist Ben Ali weg, die Hoffnung auf einen politischen Frühling ergreift auch andere autoritär regierte Länder in der Region. Für Europas Außenpolitik ist das eine Herausforderung, deren Tragweite europäische Regierungen noch nicht begriffen zu haben scheinen.

Wenn Europa aus der tunesischen Revolution etwas lernen sollte, dann dies, dass der Schein der Stabilität trügt. Eine Werteunion, wie es die EU zu sein vorgibt, sollte für ihre Werte gerade dort eintreten, wo Menschen dafür ihr Leben riskieren. Dies gilt von der Elfenbeinküste bis China und eben derzeit insbesondere in der unmittelbaren Nachbarschaft am Mittelmeer.

Libyens Revolutionsführer al-Gaddafi, für seinen unbarmherzigen Umgang mit Gegnern und seine skandalöse Internierungspolitik gegenüber Flüchtlingen bekannt, wird von Europa weiterhin in einer peinlich anbiedernden Weise umgarnt. Die Aussicht auf Beteiligung an der Ausbeutung der größten Ölreserven Afrikas verstellt offenbar den Blick auf die einfachsten Grundsätze: zum Beispiel, dass man Flüchtlinge nicht in einen Unrechtsstaat abschiebt.

Es ist begrüßenswert, dass das EU-Parlament die laufenden EU-Gespräche mit Libyen über ein Rücknahmeabkommen für Flüchtlinge geißelt. Es ist bedauerlich, dass dieses Votum überhaupt nötig war.

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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2 Kommentare

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  • K
    karibuni

    das hat man wohl, aus den Zeiten des Kalten Krieges übernommen. Egal, ob Moi oder Mobutu, Hauptsache man ist auf unserer Seite ! Unsere "Freunde" in der arabischen Welt z.B. Saudi-Arabien, Ägypten werden mit den neuesten Waffensystemen beliefert. Über Menscherechte diskutiert man in diesem Zusammenhang lieber nicht. Man will sich ja nicht das Geschäft versauen . Waffen können auch nach Innen eingesetzt werden. Wann gelten bestimmte Werte und Grundrechte endlich universal und werden auch offen von der Politik vertreten ?

    An die Medien: Hinterher kann ich immer jammern und kritisieren. Warum werden nicht Hier und Heute die zahlreichen Vergehen in vielen EU-allierten Ländern mit grossen Schlagzeilen permanent angeprangert ?

  • GS
    Gunnar Sturm

    Herr Johnson,

     

    ich bin überrascht über diesen Artikel, hier haben Sie sehr gut erkannt wie das Spiel funktioniert.

     

    Vergleichen Sie mal:

     

    Beim Thema Elfenbeinküste haben Sie die Vorzeichen verdreht! Ouattara ist eine Marionette Frankreichs, die ONUCI (UN) bestimmt wer die Wahlen gewonnen hat.

    http://www.ivoireleaks.de