piwik no script img

Kommentar Eppendorfer TodesraserMehr als nur ein Schuldiger

Kommentar von Marco Carini

Die Schuld der Justiz, die dem Todesfahrer seinen Führerschein zurückgab, sollte ebenfalls Gegenstand der Verhandlung sein.

E s ist paradox: Da bekommt ein Mann, der immer wieder durch epileptische Anfälle die Kontrolle über sein Verhalten verliert, per Gerichtsbeschluss ganz ausdrücklich die bereits entzogene Fahrerlaubnis wieder zurück. Nach dem nächsten Unfall ist er dann vor Gericht vor allem dem Vorwurf ausgesetzt, er hätte von dieser Erlaubnis nie wieder Gebrauch machen dürfen. Eine zynische Doppelbotschaft angesichts der vier Todesopfer.

Es spricht vieles dafür, dass der „Todesraser von Eppendorf“ die Gefahr, die von ihm ausging, sträflich verdrängt hat. Doch wie kann eine solche Verdrängungsleistung besser befördert werden als durch die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis. Hier wurden Kosten für Gutachten offenbar genauso gescheut wie ein hoher Ermittlungsaufwand. Am Ende stand die Botschaft: Du darfst dich trotz deiner Krankheit weiter hinters Steuer setzen.

Diese juristische Schlamperei spricht den Angeklagten von Schuld nicht frei – vieles spricht dafür, das er es hätte besser wissen müssen. Doch wenn es um die Verantwortung für den Todescrash von Eppendorf geht, kann sich die Kieler Justiz von einer Mitschuld nicht frei sprechen.

Dass diese Mitschuld im Prozess um die Todesfahrt von Eppendorf bislang nicht zur Debatte stand, ist ein Skandal. Die Angehörigen der Opfer haben auch hier Aufklärung verdient.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Hamburg-Redakteur
Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • OS
    Olaf S.

    Ich bin mir zu 100 Prozent sicher, dass Cesar wußte was er tat.

    Ich mußte mit ihm leider bei der Bundeswehr in Goslar ein Zimmer teilen.

    Den in den Medien beschriebenen großen Anfall habe ich nicht miterlebt, aber dass er von dem einen auf dem anderen Moment ausrasten konnte war fast normal.

    Er war kurz gesagt ein riesen großes A....loch.

    Leider hatte bei uns im Zimmer zwei idiotische Mitläufer, sodass man als einzelner nicht viel machen konnte.

    Ich hoffe, dass diese Mitläufer sich jetzt mal hinterfragen.

  • J
    John

    Ist es vorhersehbar was hinter den Steuern deutscher Autos passiert? Wollte man alle Risikopersonen hinter dem Lenkrad verbannen, müßte man künftig halb Deutschland vom Staßenverkehr entfernen. Übermüdete Urlaubsrückkehrer oder Berufskraftfahrer, Raucher mit erhöhtem Infarktrisiko, schlaganfall-gefährtede Hypertoniker, Rentner ab 70, jugendliche Partiesüchtige etc.. Das wäre zwar ein Segen für die Umwelt, aber auch Katastrophenalarm für das deutsche Autoliebhaberherz.

    Wo fängt das Sicherheitsbedürfnis und die Akzeptanz für Behördenregulierung an und wo hört es auf? Wissen Sie als Leser dieser Zeilen, ob Sie morgen eine bisher unbekannte Diabetis hinter dem Steuer überrascht?

  • BO
    Barthold Olbers

    Überarbeiteter Text meiner E-Mail von heute (15. 4. 2012) Vormittag

     

    Todesfahrt von Eppendorf - erhebliche Mitschuld beim Landgericht Kiel

     

    An dem schweren Unfall vom 12. März 2011 in Hamburg-Eppendorf trägt das Kieler Landgericht eine erhebliche Mitschuld, denn es hatte dem Unfallfahrer S. am 21. Januar 2009 nach vorherigem Führerscheinentzug bestätigt, dass er fahrtüchtig sei! Diesen wichtigen Hinweis habe ich in anderen Zeitungen außer der taz nicht gesehen.

     

    Natürlich liegt den staatstragenden Kreisen nicht daran, dass die Schuld der Justiz öffentlich gemacht wird. Die Staatsanwaltschaft von Hamburg wird doch wohl nicht ihre Kieler Kollegen an den Pranger stellen!

     

    Es sollte viel mehr Bürger geben, die mit Intelligenz den staatlichen Organen auf die Finger sehen. Zu diesem Zweck wurde 1914 die Deutsche Liga für Menschenrechte gegründet. Auch die Piratenpartei stellt dieses Thema in den Vordergrund.

     

    Barthold Olbers in Hamburg, Vizepräsident der Deutschen Liga für Menschenrechte e.V.

  • J
    Jakobus

    Wenn der nicht verknackt wird, dann weiß ich auch nicht. Um mal mit ganz einfachen Worten zu sprechen...

  • KB
    Karin Bryant

    Es spielt keine Rolle wer dem Fahrer,der an ständigen epileptischen Anfällen leitete ,die Fahrerlaubnis zurück gab.Er wusste dass immer wieder Gefahr besteht einen Anfall zu haben und hätte freiwillig auf dasmAutofahren verzichten müssen!

    Es ist ja nicht so dass er nicht so dass er das erste Mal einen Anfall bekam.