piwik no script img

Kommentar EnergiebörsenLösung ohne Blackout

Bernward Janzing
Kommentar von Bernward Janzing

Stromhändlern Abzocke zu unterstellen, bringt nichts. Die Debatte darum, wie der Strommarkt gestaltet wird, muss sachlich und lösungsorientiert geführt werden.

M an kann es plakativ formulieren: Stromhändler zocken das Land beinahe in den Blackout. Man kann die Situation aber auch sachlich beschreiben: Weil Stromhändler ihren Einkauf nach unternehmerischen Gesichtspunkten optimierten und dabei alle den gleichen Trick wählten, war der Blackout nahe.

Der Unterschied bei den Formulierungen hat weniger damit zu tun, welche Brisanz man dem Thema beimisst, sondern vielmehr mit der Suche nach einer Lösung. Im ersten Fall hat man ein Feindbild, das in die Zeit passt: Es sind die Zocker, die Wirtschaft und Alltag gefährden.

Man kann sich echauffieren - doch was bringts? Die zweite Version hingegen ist lösungsorientiert. Denn sie führt zum entscheidenden Punkt: Welche Regeln im Strommarkt müssen geändert werden, damit sich solche kritischen Situationen nicht wiederholen?

Bild: Archiv
Bernward Janzing

ist Autor der taz.

Ein Ansatz wäre, Stromhändlern den Anreiz zu nehmen, in Zeiten hoher Strommarktpreise vorsätzlich zu wenig Strom einzukaufen im Vertrauen darauf, dass sie sich später am Regelenergiemarkt günstiger eindecken können. Das ginge, indem man sicherstellt, dass der Preis der Regelenergie immer mindestens so hoch ist wie der Preis an der Strombörse im Vortageshandel. Folglich sind nun, von der Bundesnetzagentur bis zur Politik, die Verantwortlichen gefordert, dem Strommarkt neue Leitplanken einzuziehen.

Die jüngsten Vorfälle haben auch eine grundsätzliche Erkenntnis gebracht: Technisch kann die Stromwirtschaft mit der Abschaltung der Atomkraftwerke und den fluktuierenden erneuerbaren Energien gut umgehen.

Viel kritischer ist die Ebene des Marktes: Wie muss der Strommarkt formal gestaltet sein, um den Herausforderungen der Zukunft gerecht zu werden? Diese Diskussion ist es jetzt mehr denn je wert, geführt zu werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Bernward Janzing
Fachjournalist mit Schwerpunkt Energie und Umwelt seit 30 Jahren. Naturwissenschaftler - daher ein Freund sachlicher Analysen.
Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • A
    Adi

    Vor kurzem wurde bei Quarks & Co (am Freitag auch in nano) ein Szenario über einen deutschlandweiten Blackout gesendet. Ich bezeichne Menschen, die derartiges in Kauf nehmen, als Terroristen!

  • N
    Nun,

    der Gedanke mit dem verteuerten Regelstrom kam mir auch ( daß er es nicht ist, ist ja nur blindes Vertrauen in das Interesse der Stromhändler, die Bedarfsangaben nicht nach Eigeninteresse auszurichten) , aber ich sehe auch, daß die Politik nahezu handlungsunfähig ist, sonst gäbe es ja auch schon seit 5 Jahren die Tobin-Steuer.

     

    Allerdings ist es Strafrechtlich vielleicht einfach grob fahrlässig gehandelt (von der Bundesnetzagentur!), wenn sie nicht in dieser oder ebenso wirksamer Art einschreitet.

     

    Da sollte sich doch eine Notfallverordnung finden lassen, zur Abwehr allgemeiner Gefahren. Gibt es ja schließlich schon gegen wesentlich Geringfügigeres, so daß eine Gesetzesfindung nicht Voraussetzung ist, dem Gezocke ein Ende zu bereiten.

  • A
    Alvaro

    Vielen Dank für diesen konstruktiven Artikel. Leider spielen sachliche Argumente in der Energiedebatte kaum eine Rolle. Selbst einfachste Lösungsansätze werden ignoriert. Bsp: Ich könnte problemlos die Spülmaschine erst dann anstellen, wenn der Wind weht. Dafür müsste aber jemand in der Behörde eine einfache Internetseite einrichten, auf der ich sehe ob mein Strom grade aus Wind oder Kohle kommt. Stattdessen setzen Lobbies irrwitzige Projekte wie CO2-Speicherung und ungedeckelte Solarförderung durch.

  • P
    Profillos

    Denn ganzen Sauhaufen verstaatlichen! Eine andere Sprache verstehen die nicht! Aber hier unsere Politiker haben ja "keinen Arsch in der Hose"-, die lassen sich lieber kaufen, als zu handeln.Wer mir verpflichtet ist, den kann ich wie einen Handfeger benutzen. Nur das Traurige dabei ist, dass diese sogenannten Volksvertreter sich nicht so fühlen, weil sie ja ihr enormes Zubrot von dieser Clique bekommen. Und so ist das Volk der "Handfeger". Wie lange muss man dieses politische Surrogat noch ertragen?

  • V
    vic

    OK, dann also sachlich und lösungsorientiert:

    Stromnetze und deren Ausbau in statliche Hand, die Versorgung in kommunale Verantwortung.

    Letztlich muss der Verbraucher entscheiden von wem er versorgt werden will.

    Noch sind zu viele von Atom und Kohle überzeugt- aber das wird sich ändern, wenn diese Entwicklung nicht blockiert wird.

  • K
    KFR

    ob es den Glücks-spielern wohl völlig egal ist, ob ihr persönlicher Fernseher,Kühlschrank oder die Heizungs-steuerung gelegentlich ausfallen ? Ziel und Vorgabe ist doch nicht die Versorgungs-Sicherheit sondern die Optimierung der Bilanz und Rendite bei minimierten Kosten und Investitionen !

    Das wär ja so, als ob Ärzte und Pharma nur nach Erfolg bezahlt würden, die DB-AG für pünktliche Einhaltung des Beförderungsvertrag ?? Hallo ? Wo und in welchen Traumwelten leben ?