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Kommentar Endlagerung AtommüllZu billig davongekommen

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Die AKW-Betreiber zahlen für die Endlagerung zu wenig. Sie profitieren sogar von der Einigung. Den Schaden hat der Steuerzahler.

Für die AKW-Betreiber eine leuchtende Zukunft, für den Steuerzahler weniger Foto: dpa

S ie haben es sich nicht leicht gemacht in der Kommission, die die Finanzierung des Atomausstiegs sicherstellen soll. Die Positionen lagen anfangs weit auseinander. Dass sich am Ende Grüne und Union, WWF und BDI trotzdem einstimmig auf eine Empfehlung geeinigt haben, ist darum eine beachtliche Leistung.

Auch die Grundidee, die Zuständigkeit für die Endlagerung des Atommülls und die dafür gebildeten Rücklagen der Unternehmen auf den Staat zu übertragen, ist richtig. Zwar übernehmen die Steuerzahler damit das Risiko für mögliche Kostensteigerungen. Doch dass die heutigen Betreiber noch existieren, wenn diese Mehrkosten in 50 Jahren oder später anfallen, ist alles andere als sicher.

Schließlich bricht ihr Geschäftsmodell, das auf Kohle und Atom beruht, in den nächsten Jahren komplett weg. Insofern ist es klug, den Unternehmen lieber jetzt so viel Geld abzunehmen wie möglich – statt später mit leeren Händen dazustehen. Doch leider verlangt die Kommission von den Konzernen eben nicht so viel Geld, wie möglich gewesen wäre.

Stattdessen lässt sie die Betreiber viel zu billig davonkommen. Das zeigt sich nicht an der erwartbaren Kritik von Umweltverbänden – sondern an der eindeutigen Reaktion der Aktienmärkte: Unmittelbar nachdem die Einigung bekannt wurde, sind die Kurse von Eon und RWE steil nach oben geschossen. Die kühl rechnenden Aktionäre gehen also davon aus, dass die Konzerne von der Einigung finanziell profitieren.

Dass am Ende der Steuerzahler einen Teil der Endlagerkosten zahlt, steht seit heute also so gut wie fest. Wie groß der Schaden für die öffentliche Hand ist, wird erst die Zukunft zeigen. Um den Schaden zu minimieren, müssen alle Beteiligten nun zumindest genau darauf achten, dass der mühsam gefundene Kompromiss bei der gesetzlichen Umsetzung nicht noch weiter im Sinne der Konzerne aufgeweicht wird. Denn die sind selbst mit diesem großzügigen Angebot noch nicht zufrieden.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
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5 Kommentare

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  • Das Fazit des Artikels "Dass am Ende der Steuerzahler einen Teil der Endlagerkosten zahlt, steht seit heute also so gut wie fest." klingt mir etwas naiv.

     

    Der Steuerzahler trägt immer das letzte Risiko bei ökologischen Altlasten. Soweit ich weiß, ist Altlastenbeseitigung auch überhaupt kein Thema bei Insolvenzen.

     

    Insofern war bereits mit der ersten Betriebsgenehmigung eines AKW klar, dass ein erhebliches Risiko auf den Steuerzahler zukommt. Und das ist heute auch anderswo weiterhin gängige Praxis. Unternehmen gehen Pleite und hinterlassen sanierungsbedürftige Industriebrachen.

     

    Die Vorstellung, dass die großen Stromkonzerne ihr Geschäft ökologisch transformieren und weiterbetreiben und aus den künftigen Gewinnen nicht mehr ihre Investoren, sondern die Altrisiken bedienen, ist doch total naiv. Für welchen Investor ist das attraktiv? Man könnte ja auch in derselben Branche in eine unbelastete Firma investieren.

  • Wenn ein Konzern einen Vertrag schliesst, muss es für ihn nachher besser aussehen als vorher - sonst würde der Vertrag nicht geschlossen werden.

    Schuld haben allerdings die Regierungen, die den Weiterbetrieb der Atomanlagen gestattet haben, obwohl es kein Endlager gibt. Das ist allen voran Frau Merkel, die zudem für die wilde Atommüllkippe Asse die Verantwortung trägt und in einem Rechtstaat, in dem die Staatsanwaltschaft nicht weisungsgebunden wäre, längst dafür vor Gericht stehen würde.

  • Also 23.3Milliarden sind nicht billig, das ist mehr als die Ölförderung nach dem SuperGau um Deepwater Horizon zahlen musste, das ist mehr als VW zahlen muss die systematisch betrogen haben. Und das Ganze ist bis 2099 gerechnet.

    Keine Unternehmung der Welt zahlt für die Umweltschäden die man anrichtet!

     

    Wir geben derzeit jährlich dasselbe für das EEG aus ohne das wir irgendwelche signifikanten CO2 Einsparungen vorweisen könnten.

    Mit massivem Schaden für die kleinen Leute die im Endeffekt dem Hausbesitzer die Solaranlage und die Dämmung zahlt nur um dann aus den Stadtzentren gentrifiziert zu werden.

     

    Der geneigte Atomkraftgegner muss sich endlich überlegen ob die Atomkraft der grösste und wichtigste Negativpunkt unserer Gesellschaft ist. Ob man sich leisten kann damit zufrieden zu sein eine Energiewende zu leisten die eigentlich nur die Atomkraft ersetzt - ganz ohne Umweltschutz.

    Und zahlen tun es über alle Verhältnisse die Ärmsten.

    Aber Hauptsache man findet EINEN Schuldigen, dann ist alles gut.

    Das ist keine Lösung das ist pure Wutpolitik!

     

    Das sind Probleme die man entweder anerkennt und angeht oder man verliert gegen zweifelhafte Alternativen.

    • @Chaosarah:

      Nein, es ist billig, der Vergleich mit VW nur vorläufig:

      Wieviel VW für ein paar Jahre - wenn auch zig-tausendmal - überschrittener Diesel Abgaswerte zahlen muss wissen wir erst in einigen Jahren.

       

      Aber 23,3 Milliarden, das sind nur rund 4 Bahnhofbauten Stuttgart! Dafür wird man keinen Atommüll aus Jahrzehnten intensiver Nutzung der Kernenergie über 100tausende Jahre sicher wegsperren können.

      • @Giess:

        Versuchen sie mal VW dazu zu animieren die ausgestossenen Treibhausgase wieder einzufangen.

         

        Ich darf ihnen versichern dass diese in den nächsten 100.000Jahren wesentlich gefährlicher sein werden als jeglicher Atommüll.

        weltweit wurden 1528 oberirdisch gezündet - die Welt dreht sich weiter.