Kommentar Elterngeld: Onkelhaftes Misstrauen
CDU-Fraktionschef Kauder möchte nicht nur das Elterngeld sondern auch die Arbeit der Familienministerin prüfen. Noch steht die Kanzlerin hinter Kristina Schröder.
S o schnell geht das: Kaum sinkt die Geburtenrate mal um 2,2 Prozent – schon wird laut gefragt, ob die Familien dieses Landes nicht dankbar genug sind für die sozialen Segnungen, derer sie teilhaftig werden. Obwohl jährlich 5 Milliarden Euro Elterngeld gezahlt werden, wurden im vergangenen Jahr 15.000 Kinder weniger geboren. Das schreit doch geradezu nach Kürzungen, oder?
Unionsfraktionschef Volker Kauder hat im Interview mit der Süddeutschen Zeitung nun gesagt, man werde sich „in der nächsten Legislaturperiode das Elterngeld und seine Wirkung noch mal anschauen müssen“. Seine Bemerkung impliziert zweierlei.
Zum einen die Überzeugung, dass die Union auch nach dem September 2013 in Regierungsverantwortung stehen wird. Und zum anderen scheint es dem Fraktionschef opportun, die Arbeit der amtierenden Familienministerin zu prüfen. Seine Ankündigung offenbart onkelhaftes Misstrauen.
ist Redakteurin im Inlandsressort der taz.
Schon wahr, Kristina Schröder macht keine gute Figur. Mit ihrem geplanten Betreuungsgeld, einer Art Kitafernhalteprämie, versucht die CDU-Ministerin darüber hinwegzutäuschen, dass die Bundesregierung den rechtlich verbrieften Anspruch der Eltern auf einen Kindergartenplatz ab 2013 nicht garantieren kann. Zugleich setzt sie damit ein Zeichen an WählerInnen, die noch dem bundesrepublikanischen Familienbild des 20. Jahrunderts anhängen.
Bislang sichtbarster Ausdruck der Geringschätzung für Schröders Betreuungsgeld war vor drei Wochen die gescheiterte erste Lesung im Bundestag. Abgeordnete, auch aus der Koalition, blieben einfach fern.
Dennoch geht Kristina Schröder unbeirrt ihren Weg. Sie weiß: Kommt es Spitz auf Knopf, steht die Kanzlerin hinter ihr. Bisher jedenfalls. Dass der Fraktionschef diesen Konsens unterläuft, darf sie als Warnsignal verstehen.
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