Kommentar Ehec: Erste Lehren aus Ehec
Auf die Einrichtung eines Krisenstabs oder wenigstens einer Hotline wartet man bisher vergeblich. Der Kampf gegen hartnäckige Keime ist aber ein Wettlauf mit der Zeit.
D urchfall war schon immer lästig, aber für die meisten Erwachsenen kein Grund, umgehend einen Arzt einzuschalten. Meistens erledigte sich die Sache nach ein paar Tagen von selbst; und wenn nicht, dann wurde ein Antibiotikum eingeworfen.
Im Fall von Ehec rächt sich nun der Irrglaube, die Medizin des 21. Jahrhunderts habe mutierende Keime im Griff und Seuchen - zumindest in Nationen mit exzellentem Gesundheitssystem - seien überwunden.
Wenn jetzt alarmistisch darauf hingewiesen wird, es drohten Versorgungsengpässe, weil Dialyseplätze und Blutplasma knapp würden und die Seuchenquelle immer noch nicht gefunden sei, dann ist dies vor allem der Laxheit geschuldet, mit der Patienten, Ärzte und Behörden in den ersten, entscheidenden Tagen nach dem Ehec-Ausbruch der heraufziehenden Krise begegneten.
HEIKE HAARHOFF ist Redakteurin für Gesundheitspolitik im taz-Inlandsressort.
Nicht nur Hausärzte waren unvorbereitet und verzichteten oftmals auf Stuhlproben. Die Mitarbeiter des verdächtigen Lübecker Restaurants ließen sich aus eigenem Antrieb untersuchen - und nicht, weil etwa Gesundheitsbehörden sie dazu verpflichtet hätten.
Versäumnisse gab es auch beim Krisenmanagement: So ist Ehec in Deutschland zwar meldepflichtig; doch genügt es laut Infektionsschutzgesetz, wenn die Ämter ihre Verdachtsfälle wöchentlich und auf dem Postweg an die nachgeordnete Landesbehörde melden - anstatt unmittelbar und elektronisch.
Erst nach einer weiteren Woche erhält dann das Robert-Koch-Institut (RKI), Deutschlands oberste Seuchenbehörde, Kenntnis. Das RKI wiederum hat erst jetzt, mehr als einen Monat nach dem ersten Ehec-Verdacht, beschlossen, seine Informationen ins Englische zu übersetzen und damit auch internationalen Experten zum Austausch auf einer Internetplattform zur Verfügung zu stellen.
Die europäische Fahndungshilfe, die der EU-Gesundheitskommissar nun anbietet, hätte Deutschland schon vor Tagen von sich aus anfordern können. Es wäre keine Blamage gewesen, zuzugeben, dass die Herausforderung, einen aggressiv mutierten, globalisierten Erreger zu orten und in den Griff zu kriegen, nationale Kapazitäten übersteigt. Auch auf die Einrichtung eines Krisenstabs oder wenigstens einer Hotline wartet man bisher vergeblich. Der Kampf gegen hartnäckige Keime ist aber vor allem auch ein Wettlauf mit der Zeit - und die ist suboptimal genutzt worden.
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