Kommentar Ehec-Maßnahmen: Im Zweifel für den Verbraucher
Die Gemüsebauern dürfen keinen Ehec-bedingten Schadenersatz bekommen – sonst wird in Zukunft nie wieder vor potenziell gefährlichen Produkten gewarnt.
D iese Gurken waren es nicht! So viel steht seit Donnerstag fest. Die Ehec-Keime, die auf den vier in Deutschland untersuchten Gurken nachgewiesen wurden, gehören zu einem anderen Typ als die Ehec-Keime, die für die Darmkrankheit verantwortlich sind. Dürfen wir also wieder nach Herzenslust Gurkensalat essen? Nein! Nach wie vor gilt die Warnung der Gesundheitsbehörden, Gurken, Salat und Tomaten nicht roh zu verspeisen. Diese Warnung ist berechtigt, auch wenn Bauern und Handel Umsatzeinbußen hinnehmen müssen.
Eine Befragung von Ehec-Erkrankten in Hamburg ergab, dass diese signifikant häufiger rohe Gurken, Salat und Tomaten gegessen hatten als Nichterkrankte. Das kann ein Zufall sein - muss es aber nicht. Im Zweifel für den Verbraucher: Niemand stirbt, wenn er ein paar Wochen keine Gurken isst; an der Ehec-Erkrankung sind aber schon 17 Menschen gestorben, und Hunderte sind schwer erkrankt.
Wer die Verluste der Bauern beklagt, sollte gegenrechnen, welche hohen Kosten diese Krankheitswelle verursacht - vom menschlichen Leid abgesehen. Im Unterschied zu anderen kleinen und großen Lebensmittelaffären in Deutschland geht es bei der Ehec-Erkrankungswelle wirklich um Leben und Tod. Deshalb ist höchste Vorsicht geboten, und deshalb war die Warnung vor spanischen Gurken berechtigt, weil auf drei Exemplaren Ehec-Erreger nachgewiesen wurden, auch wenn die sich nun als "unschuldig" erwiesen haben. Ehec-Erreger haben auf Gurken nichts zu suchen!
Den betroffenen Gemüsebauern in Europa kann und muss unbürokratisch geholfen werden. Eine juristische Anerkennung von Schadenersatzansprüchen aber wäre fatal: Kämen die Bauern damit durch, würde nie wieder eine Behörde vor möglicherweise gefährlichen Produkten warnen, solange die Gefahren nicht zweifelsfrei bewiesen sind. Das wäre das Gegenteil von Verbraucherschutz, denn im Ernstfall bleibt den Behörden dafür keine Zeit. Siehe Ehec.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Berliner Sparliste
Erhöht doch die Einnahmen!
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid