Kommentar Edathy-U-Ausschuss: Die da oben unter sich
Der Edathy-U-Ausschuss sorgt dafür, dass die Politik weiter an Vertrauen verliert. Das liegt nicht an den Mitgliedern, sondern an den Zeugen.
D er Aufwand ist riesig. 43 Sitzungen hat der Edathy-Untersuchungsausschuss inzwischen hinter sich, knapp 60 Zeugen sagten aus, die Akten füllen 750 Ordner.
Am Ende ist aber der ganze Aufwand umsonst: Nicht nur, dass wohl für immer verborgen bleibt, wer Sebastian Edathy vor drohenden Ermittlungen warnte. Ein Fall wie der des ehemaligen SPD-Abgeordneten könnte sich auch jederzeit wiederholen.
Bei allen Widersprüchen sind sich die Zeugen aus der großen Koalition nämlich in einem Punkt einig: Hans-Peter Friedrich habe richtig gehandelt. Der damalige Innenminister habe der SPD-Spitze geradezu von den drohenden Ermittlungen gegen Edathy erzählen müssen. Denn hätten ihm die Sozialdemokraten ein Regierungsamt gegeben, wäre er erst als Staatssekretär über die Kinderporno-Affäre gestolpert, der Schaden für die Politik wäre immens gewesen.
Was für ein Unsinn. Die Politik hat Vertrauen verloren, gerade weil Friedrich plauderte. Weil die Information über drohende Ermittlungen nicht im zuständigen Ministerium blieb. Weil ein Regierungsmitglied unbedingt Dienstgeheimnisse an die Opposition verraten musste. Weil Edathy eine Warnung erhielt. Weil er Beweismittel rechtzeitig beseitigen konnte. Weil ihm das Landgericht Verden wohl nur deshalb keine Straftat nachweisen konnte.
In der Bevölkerung erweckt diese Kette einen fatalen Eindruck: Dass die oben machen könnten was sie wollen, da sie über dem Gesetz stünden. Dass Politiker noch so viele Probleme mit der Justiz anhäufen könnten: Am Ende kämen sie besser weg als jeder Normalbürger.
Der Untersuchungsausschuss hätte diesem Eindruck entgegenwirken können. Seine Mitglieder haben sich tatsächlich Mühe gegeben. Gegen das schräge Rechtsempfinden ihrer Zeugen kamen aber auch sie nicht an.
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