Kommentar Duell Clinton/Obama: Wille zur Schlammschlacht
Ihre jüngsten Vorwahlsiege ermuntern Hillary Clinton, die aggressive Kampagne gegen Obama weiter zu fahren. Die Demokraten zerfleischen sich, die Republikaner lachen sich ins Fäustchen.
Bernd Pickert ist Amerika-Redakteur im Auslandsressort der taz.
Der 4. März 2008 könnte in die politische Geschichte der USA eingehen als der Tag, an dem der Republikaner John McCain die Wahl zum 44. Präsidenten der Vereinigten Staaten gewonnen hat. Während er sich endgültig die Kandidatur der Republikanischen Partei sicherte, haben die Demokraten die letzte Chance verpasst, eine KandidatIn in das Rennen ums Weiße Haus zu schicken, die nicht durch Attacken aus den eigenen Reihen sturmreif geschossen wird.
Hillary Clinton zieht aus ihren drei Siegen vom Dienstag den Schluss, dass sich eine aggressive Kampagne gegen Barack Obama auszahlt. Also wird sie so weitermachen. Mit ihren Angriffen auf Barack Obama sorgt sie jedoch dafür, dass jene möglichen WählerInnen, die sie noch nie leiden konnten, sie nun richtig abgrundtief hassen. Und sie erledigt jenen Job gleich mit, der eigentlich John McCain und den Republikanern vorbehalten bliebe: Barack Obamas Aura des inspirierenden Hoffnungsträgers zu zerstören. Ihr alberner "Vorstoß", eine Kandidatur beider unter ihrer Führung vorzuschlagen, ist nicht mehr als zynisch, wird allerdings auch von niemandem anders verstanden. Ihr Wille zur Schlammschlacht ist unbändig.
Es gibt bis zum Ende des Vorwahlprozesses Anfang Juni keinen einzigen Wahltag vergleichbarer Bedeutung mehr, an dem ein Aussteigen der unterlegenen Seite zwingend wäre, zumal, wenn der Abstand bei den Delegiertenstimmen so knapp bleibt wie jetzt. Kurz: Wenn jetzt niemand den alles entscheidenden Fehler macht, geht der Kampf tatsächlich weiter bis zum Parteitag im August.
Die Demokraten bräuchten eine Instanz, die genug Legitimität und Autorität hätte, eine schnelle Entscheidung herbeizuführen. Die aber gibt es nicht. Theoretisch ist es die Aufgabe der ungebundenen "Superdelegierten", Entscheidungen im Sinne des Parteiinteresses zu treffen. Aber dass diese 796 Menschen sich jetzt zusammensetzen und entscheiden, dass sie im August geschlossen für einen der beiden stimmen, um damit das Rennen zu beenden, ist völlig ausgeschlossen. Wie heißt es so schön: Die Demokraten haben noch nie die Chance verpasst, eine Chance zu verpassen. Es sieht so aus, als sei 2008 da keine Ausnahme. BERND PICKERT
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