Kommentar Der Spiegel und die SPD: Meinungsführer im Wolfsrudel

Der "Spiegel" hat in der SPD-Krise keine allzu gute Figur gemacht.

Der Spiegel hats gegeben, der Spiegel nimmts auch wieder. Nachdem er erst durch die Veröffentlichung von gezielten Indiskretionen maßgeblich zum Rücktritt Kurt Becks beigetragen hatte, geht er in seiner neuen Ausgabe auf Distanz zu dessen Nachfolgern. "Vorwärts in die Vergangenheit", titelt das Blatt und zeichnet Müntefering und Steinmeier als Vasallen in Schröders Schatten. Man könnte es Zynismus nennen, handelte es sich nicht einfach nur um gängige Medienpraxis: erst den einen und dann die anderen runterschreiben.

Natürlich, man sollte die Macht der Medien nicht überschätzen. Zwar war es in der deutschen Parteiengeschichte ein absolutes Novum, dass der Vorsitzende einer Volkspartei seinen Rücktritt letztlich damit begründete, die Wochenendlektüre eines Nachrichtenmagazins habe ihm das Amt vergällt. Aber der Spiegel war in dieser Affäre ja nur das Instrument einer Intrige, nicht deren Urheber. Die Spin-Doktoren sitzen ganz woanders.

Wer wollte, der konnte auch schon im letzten Spiegel-Heft unverhohlene Kritik an Steinmeiers Befähigung zum Kanzlerkandidaten der SPD herauslesen - ein kleiner Hinweis darauf, aus welcher Ecke die Stichworte für die Kampagne gegen Beck wohl eher nicht gekommen sein dürften. Bemerkenswert war allerdings, wie willig sich das Magazin in diesem parteiinternen Machtkampf in seiner Schilderung der Ereignisse von einer Seite instrumentalisieren ließ.

Erklärbar ist das nur mit dem Jagdfieber, das in manchen Redaktionen herrscht, in denen man den Erfolg an der Zahl der Politiker, die man zu Fall gebracht hat, bemisst. Gerade in Hamburg, wo in SPD-Kreisen der Brass auf Kurt Beck nach dessen ungeschickten Äußerungen vor der verlorenen Hamburg-Wahl besonders groß gewesen sein dürfte, lag die Verbrüderung von Medien und Politik nahe. Doch der Spiegel hat sich diesmal keinen Gefallen damit getan, sich im Wolfsrudel als Meinungsführer hervorzutun. Sondern nur seinen Ruf als unabhängiges Nachrichtenmagazin ramponiert - weil überdeutlich wurde, wer hier der Koch und wer Kellner war.

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Daniel Bax ist Redakteur im Parlamentsbüro der taz. Er schreibt über Innen- und Außenpolitik in Deutschland, über die Linkspartei und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW). 2015 erschien sein Buch “Angst ums Abendland” über antimuslimischen Rassismus. 2018 veröffentlichte er das Buch “Die Volksverführer. Warum Rechtspopulisten so erfolgreich sind.”

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