Kommentar Datenschutz: Karlsruhe war schon weiter

Der Entwurf der Grünen für eine Verankerung des Datenschutzes im Grundgesetz ist zu zaghaft formuliert. Denn so könnte jedes beliebige Gesetz den Datenschutz einschränken.

Endlich soll der Datenschutz auch im Grundgesetz verankert werden. Das fordern die Grünen - und haben gestern einen Entwurf für diese Grundgesetzänderung vorgelegt. Ihr Entwurf ist aber eher zaghaft formuliert und bleibt sogar hinter der bisherigen Rechtslage zurück.

Nur die Menschenwürde genießt im Grundgesetz absoluten Schutz. Alle anderen Grundrechte kann der Staat per Gesetz oder zum Schutz anderer Verfassungswerte einschränken. Wird ein neues Grundrecht in die Verfassung aufgenommen, muss man fragen: Unter welchen Bedingungen kann der Staat in dieses Grundrecht eingreifen?

Mit ihrem "Recht, über persönliche Daten selbst zu bestimmen", sorgen die Grünen leider für eine Enttäuschung auf ganzer Linie. "Beschränkungen dieses Rechtes bedürfen einer gesetzlichen Grundlage", heißt es da lapidar. Im Klartext heißt das, dass der Staat also mit jedem beliebigen Gesetz den Datenschutz einschränken kann. Das Verfassungsgericht kann dann nur noch prüfen, ob er dabei die Verhältnismäßigkeit der Mittel wahrt.

Da war das Bundesverfassungsgericht vor 25 Jahren weiter, als es in seinem Volkszählungs-Urteil das Grundrecht auf "informationelle Selbstbestimmung" erfand. Dort war auch von einer klaren Zweckbindung der Daten die Rede.

Solche Beschränkungen sucht man im Gesetzentwurf der Grünen vergeblich. Der Begriff "Zweckbindung" taucht nicht einmal in der Begründung auf. Dabei ist der Ansatz der Grünen ja richtig: Grundrechte gehören in die Verfassung, wo sie jeder leicht nachlesen kann. Es kann von den Bürgern nicht erwartet werden, dass sie in den mehr als 100 Bänden Karlsruher Rechtsprechung schnell mal das passende Urteil raussuchen. Doch hat Justizministerin Zypries Anfangs des Jahres zu Recht gefordert, dass jedes neue Grundrecht in der Verfassung einen "materiellen Mehrwert" bringen müsse. Die Grünen halten leider nicht einmal den bisherigen Standard. Ihr Entwurf wirkt gerade so, als ob sie das Ergebnis schwarz-grüner Koalitionsverhandlungen mit Innenminister Schäuble bereits vorwegnehmen wollten.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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