Kommentar Chinas Währung: Unter Inflationsdruck
Die Behauptung des Westens, dass Chinas Exporte unserem Wachstum schaden, ist falsch. Eine Aufwertung des chinesischen Yuan schadet der Konjunktur - weltweit
M an kann Bundeskanzlerin Angela Merkel manch unnötige Dummheit im Umgang mit der neuen Supermacht im Osten vorwerfen, wie das traditionsbewusste Entspannungspolitiker in der SPD heute tun. Aber den Kardinalfehler westlicher China-Politik kann man ihr nicht vorwerfen. Immerhin hat Merkel von Peking bisher nicht mit großen Worten eine Aufwertung des Yuans verlangt.
Genau das haben in den letzten Tagen der französische Präsident Nicolas Sarkozy und der Präsident der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, in Peking getan. Sie machten es damit vielen Mitglieder der US-Regierung nach - nach dem falschen Motto: Chinas Exporte schaden unserem Wachstum. Doch damit riskieren sie aus populistischen Erwägungen, den Wachstumsmotor der Weltwirtschaft ins Stottern zu bringen.
Chinas billige Exportpreise haben seit zehn Jahren wesentlich zur Deflation und makroökonomischen Stabilität im Westen beigetragen. Sie gaben den westlichen Zentralbanken viel Spielraum. Eine Aufwertung des Yuans, wie sie westliche Politiker heute gebetsmühlenartig fordern, würde diesen Spielraum der Zentralbanken erheblich einengen. Gerade in den schwächelnden USA würde sie zu Zinssteigerungen führen, die für die Weltkonjunktur Gift wären. Zu Recht warnen deshalb renommierte Ökonomen wie Jesper Koll in Tokio, dass der gefährlichste Export aus China die Inflation wäre.
China bleibt die Werkbank der Welt. Die chinesischen Preise aber stehen schon so unter Inflationsdruck: Dafür sorgen steigende Rohstoff-und Energiepreise - vor allem aber steigende Produktionskosten, die auf höheren Löhnen basieren.
China braucht die höheren Löhne für mehr soziale Gerechtigkeit und die Stärkung des Binnenmarkts. Beides ist auch im westlichen Interesse. Nur Chinas potenziell riesiger Binnenmarkt kann für einen nachhaltigen Ausgleich der Handelsströme sorgen. Damit es so weit kommt, müssen der Westen und China heute gemeinsam die Inflationsgefahr in der Dollarkrise bekämpfen, statt sich über Wechselkurse und Handelsdefizite zu streiten.
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