Kommentar CSU: Münchener Implosionen
Der Spagat zwischen Bundes- und Landespolitik gelingt der CSU nicht mehr. Mit einer Koalition in Bayern wird alles noch schwieriger.
Die CSU macht es sich und ihren verbliebenen Anhängern wahrlich nicht leicht. Drei Tage lang brauchte ihr Führungsduo nach der Wahlniederlage, um sich am Ende doch ins Unvermeidliche - den Rücktritt - zu fügen. Genauso schwer tut sich die Partei trotz der ablaufenden Frist für Koalitionsverhandlungen, sich auf einen Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten zu einigen. Soll die angebliche Lichtgestalt Horst Seehofer lieber Bundesminister bleiben oder als Landespolitiker nach Bayern gehen? Viele Berliner Christsoziale sahen ihn zuletzt lieber in München, viele Münchner lieber in Berlin - beides muss man nicht unbedingt als Kompliment verstehen.
Jenseits dieser Personalie gibt es aber auf die Frage, um die es im Kern geht, für die CSU in ihrer heutigen Lage keine richtige Antwort. Der Spagat zwischen Bundes- und Landespolitik, den die Partei jahrzehntelang so souverän bewältigte, funktioniert nicht mehr. Daran ist schon Edmund Stoiber gescheitert. Das Zögern, das Stoiber angesichts der Entscheidung zwischen München und Berlin ergriff, war mehr als nur das Symptom eines notorischen Zauderers. Es resultierte aus der Ausweglosigkeit der Situation selbst. Die geringere Rolle Bayerns im vereinten Deutschland, die kleine Bedeutung der CSU als dritter Partner in einer großen Koalition, das abnehmende Gewicht innerhalb der Union durch deren Wahlerfolge andernorts - das alles ließ sich weder von München noch von Berlin aus rückgängig machen.
Dass die CSU jetzt auch in Bayern nur noch eine Koalitionsregierung führt, macht die Sache nicht leichter. Kann etwa ein bayerischer Innenminister mit bundesweiten Initiativen noch machtvoll auftreten, wenn ihm sogleich ein liberaler Justizminister in die Parade fährt? Viel spricht dafür, das Münchner Amt in dieser Lage mit einem soliden Landespolitiker zu besetzen und es nicht erneut zu jener christsozialen Selbstüberhebung zu nutzen, der die Parteiprominenz mit frisch eingeübten Demutsgesten gerade so wortreich abschwört.
Das Problem ist nur: Sollte sich Seehofer in München nicht durchsetzen, kehrt er als Verlierer nach Berlin zurück. Dann wäre er tatsächlich der neue Edmund Stoiber.
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