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Kommentar Bürgerrecht 2.0Das Dilemma mit den Daten

Felix Lee
Kommentar von Felix Lee

Für NetzaktivistInnen war es ein erfolgreiches Jahr. Das Thema Datenschutz boomt. Nicht aufgelöst ist jedoch der Widerspruch zwischen der Freiheit beim Surfen und den Persönlichkeitsrechten.

N etzaktivistInnen können auf ein erfolgreiches Jahr zurückschauen. Das zeigt sich nicht nur beim Kongress des Chaos Computer Clubs, der am Mittwoch in Berlin mit einem neuen Teilnehmerrekord zu Ende geht. Datenschutz ist plötzlich überall. Die Piratenpartei konnte bei der Europa- und Bundeswahl Achtungserfolge erzielen. 25.000 DatenschutzaktivistInnen gingen Mitte September in Berlin gegen Überwachung auf die Straße. Und wann hat es in den vergangenen Jahren eine Bewegung geschafft, ein ganzes Gesetz zu Fall zu bringen?

Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) musste das Internetsperrengesetz wieder von ihrer Agenda nehmen, nachdem es Bundespräsident Horst Köhler mulmig wurde. Damit ist Bürgerrecht 2.0 die erfolgreichste soziale Bewegung der vergangenen Jahre.

Dabei stecken die NetzaktivistInnen argumentativ streng genommen in einer Zwickmühle: Denn einerseits wenden sie sich gegen Zensur und jegliche Formen, die das freie Surfen im Internet einschränken könnten. Andererseits sehen auch sie die Gefahren, welche die Onlinewelt insbesondere mit Blick auf Persönlichkeitsrechte und Datenschutz mit sich bringt. Dieses Dilemma zeigt sich nicht zuletzt bei Wikileaks, dem Portal, auf dem geheime Dokumente anonym veröffentlicht werden können. Transparenz in allen Ehren: Dass dabei mitunter auch personenbezogene Daten für alle zugänglich gemacht werden, die nicht unbedingt jeder zu wissen hat, wird von den Betreibern bewusst ignoriert.

Wahrscheinlich ist es ebendieser Widerspruch, der den Netzaktivisten so viele Anhänger beschert. So ziemlich jeder einzelne Internetnutzer dürfte sich inzwischen selbst herausgefordert sehen, einerseits um die Missbrauchsgefahr seiner Daten im Netz zu wissen, andererseits ganz im Zeitgeist freiwillig die Onlinewelt eifrig mit persönlichen Infos zu füttern. Dieser Widerspruch macht das Themenfeld so spannend.

Will die digitale Bürgerrechtsbewegung aber auch 2010 schlagkräftig bleiben, kommt sie nicht umhin, weitere Themen zu besetzen - auch wenn die Gesundheitskarte schwieriger zu skandalisieren sein mag als die Internetsperre. Vor allem aber muss sie klare Grenzen ziehen bei der Frage, ab wie viel Transparenz die Persönlichkeitsrechte nicht doch verletzt werden. Der Schutz der Schwachen muss auch im Netz gewährleistet sein.

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Felix Lee
Wirtschaft & Umwelt
war von 2012 bis 2019 China-Korrespondent der taz in Peking. Nun ist er in der taz-Zentrale für Weltwirtschaft zuständig. 2011 ist sein erstes Buch erschienen: „Der Gewinner der Krise – was der Westen von China lernen kann“, 2014 sein zweites: "Macht und Moderne. Chinas großer Reformer Deng Xiao-ping. Eine Biographie" - beide erschienen im Rotbuch Verlag.
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3 Kommentare

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  • A
    AlpenSepp

    Erfolgreich? Wie definiert sich in diesem Fale 'erfolgreich'?

    BKA-Gesetz, Vorratsdatenspeicherung...war da was?

  • J
    JoSch

    Ein Dilemma ist es eigentlich nicht. In den "Hackerethics" des CCC steht schon seit Jahren "Öffentliche Daten nützen, private Daten schützen", Die Piratenpartei mit Ihrer Forderung "Gläserner Staat statt gläserner Bürger" weisen in die gleiche Richtung. Für die Netzaktivisten ist die Datenschutzfrage schon lange geklärt. Nun müssen noch die "Anderen" lernen, dass eine offene Informationspolitik langfristig von Vorteil ist, wenn auch im Detail manchmal unangenehm. Weg gesteht schon gerne Fehler ein, aber: Je schneller ein Fehler öffentlich wird, um so schneller kann man darauf reagieren.

    Leider ist das Prinzip Geheimhaltung noch sehr verbreitet. Das jedoch führt zu Mauschelei, Vertuschung und Korruption.

    Es kommt nicht von ungefähr, dass Netzaktivisten und Organisationen wie Transparency International so gut zusammenarbeiten.

  • E
    Edelweiß

    Weitere Themen werden die hardliner ganz von selbst liefern. Die Liste ist schon jetzt sehr lang:

    INDECT, SWIFT, ELENA, ACTA, BSI-Gesetz, Nacktscanner, Vorratsdatenspeicherung, Onlinedurchsuchungen, Stockholmer-Programm, ... usw.

    Wenn die Schergen weitermachen wie bisher, schafft die Piratenpartei sogar den Einzug in den Bundestag.