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Kommentar Bürgerkrieg in Sri LankaIndien kann helfen

Ralf Leonhard
Kommentar von Ralf Leonhard

Die humanitäre Katastrophe im Norden Sri Lankas findet kaum Beachtung. Noch nicht einmal das Rote Kreuz oder UN-Organisationen dürfen der Bevölkerung helfen.

D ie humanitäre Katastrophe, von der zwischen 250.000 und 300.000 Tamilen im Norden Sri Lankas betroffen sind, ist von der Welt weitgehend unbeachtet geblieben. Nicht einmal das Rote Kreuz und die Organisationen der UNO haben derzeit Zugang zu der Bevölkerung, die von Nahrung und Trinkwasser abgeschnitten ist. Die Regierung von Präsident Mahinda Rajapaksa ist wild entschlossen, den Feldzug gegen die Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) erst mit deren völliger militärischer Vernichtung zu beenden.

Bild: taz

Ralf Leonhard ist Österreich-Korrespondent der taz.

Ob die Zivilbevölkerung von den Rebellen als Schutzschild festgehalten wird, wie die Armee behauptet, oder einfach nicht ihr Land verlassen will und die Schikanen der singhalesischen Militärs fürchtet, wie die LTTE meint, ist dabei nebensächlich.

Mehrere hundert Menschen sind in den letzten Tagen unter dem ständigen Artilleriebeschuss und den Fliegerbomben gestorben. Das tägliche Massaker, das die Regierung in Kauf nimmt, darf von der internationalen Gemeinschaft nicht achselzuckend hingenommen werden.

Die LTTE hat ihre Brutalität oft genug unter Beweis gestellt. Für das Fernziel eines Tamilenstaates nimmt sie zivile Opfer bedenkenlos in Kauf. Doch die Entscheidung, sie auf die Liste der Terrororganisationen zu setzen, hat die EU der Möglichkeit beraubt, wirksam in diesem Konflikt zu vermitteln. Unter dem Vorwand der Terrorbekämpfung blendet die Regierung die Ursachen des ethnischen Konflikts aus. Zwar wurde Rajapaksas Team von EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner hinter den Kulissen für die systematischen Menschenrechtsverletzungen gescholten. Doch die Drohung, Handelsprivilegien auszusetzen, ist kein wirksames Mittel. Das zeigt die Eskalation der Offensive in den letzten Wochen.

Einzig Indien, wo an die 60 Millionen Tamilen auf eine politische Lösung des Konflikts im kleinen Nachbarland warten, mischt sich hörbar ein. Es verlangt sofortigen Zugang zum Kriegsgebiet für humanitäre Organisationen, die indische Hilfsgüter verteilen sollen. Dieser Initiative sollte sich die EU anschließen.

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Ralf Leonhard
Auslandskorrespondent Österreich
*1955 in Wien; † 21. Mai 2023, taz-Korrespondent für Österreich und Ungarn. Daneben freier Autor für Radio und Print. Im früheren Leben (1985-1996) taz-Korrespondent in Zentralamerika mit Einzugsgebiet von Mexiko über die Karibik bis Kolumbien und Peru. Nach Lateinamerika reiste er regelmäßig. Vom Tsunami 2004 bis zum Ende des Bürgerkriegs war er auch immer wieder in Sri Lanka. Tutor für Nicaragua am Schulungszentrum der GIZ in Bad Honnef. Autor von Studien und Projektevaluierungen in Lateinamerika und Afrika. Gelernter Jurist und Absolvent der Diplomatischen Akademie in Wien.
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3 Kommentare

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  • S
    Subhas

    Menschen sterben dort täglich.

    Es gibt keine neutralen Nachrichten.

     

    Warum verschließt die Welt die Augen vor dem was dort geschieht.

    Nur weil es keine Erdöl vorkommen gibt oder andere Bodenschätze ist das das Land nicht so interessant wie Irak.

     

    Jeden Tag lese ich die Zeitungsblätter oder schaue Nachrichten im TV. Aber es wird nichts gesendet. Ist es den Menschen in Europa egal was dort passiert oder wird kein Beitrag gesendet, weil die LTTE (Freiheitskämpfer) als Terroristen bezeichnet werden?

  • RK
    Ryan Kayts

    Den Zivilisten möchte Indien durchaus aus ihrer misslichen Lage helfen. Aber nicht um den Preis der Hilfestellung für die LTTE. Wegen der Sorge um die eigene Demokratie und Staatshoheit auch über Tamil Nadu und schon wegen des R.Gandhi-Mordes sollten die Erwartungen an Indien also nicht allzuhoch sein. Der heutige Selbstmord des von der Sri Lanka Tamil Ethnie ob seiner Ausführungen sehr geschätzten Journalisten ist in diesem Zusammenhang ebensowenig hilfreich wie die sofortige und typische Reaktion der LTTE darauf, die in der aktuellen für sie misslichen Lage den Konflikt nur zu gerne auf Indien selbst überspringen lassen möchte.

    Andererseits besonders schlimm: werden Angriffe aus einem räumlich sehr eng begrenzten Gebiet auf einen militärisch überlegenen Gegner geführt, sind zivile Kollateralschäden zwingend über Proporz hoch, hier gesteigert noch durch die selbstgerechte und brutale Nationalführung Sri Lankas, welche für den (kriegs)politischen Erfolg sämtliche die Zivilbevölkerung schützenden Kriegskonventionen zu opfern bereit ist. Der eigentliche westliche Fehler war, eine zwar radikale aber in breiter tamilischer Bevölkerung durchaus angesehene und unterstützte LTTE im Zuge des allgemeinen 9/11 Hype zu einer blossen Terrororganisation herabzuwürdigen und damit die aktuelle an Genozid grenzende Situation schuldhaft mit heraufbeschworen zu haben.

  • CD
    Cobra Damon

    Indian kann helfen. Klar, aber Indian will ja gar nicht helfen und die Regierung von Sri Lanka will die Tamilen vernichten.