Kommentar Bürger gegen Flugrouten: Der Protest basiert auf Hoffnung
Die erfolgreiche Menschenkette um den Müggelsee zeigt: Der Bürgerprotest gegen die Flugrouten ist noch lange nicht am Ende. Fragt sich nur, wie die Politik darauf reagiert.
D er Flugrouten-Protest ist noch nicht vorbei. Wenn es am Sonntagnachmittag eine Botschaft gab, dann diese. Mindestens 20.000 Menschen waren da, um gegen drohenden Fluglärm über dem Müggelsee zu demonstrieren. Junge, alte, "befreundete" Bürgerinitiativen aus Kleinmachnow, Bohnsdorf und Zossen schlossen eine Menschenkette um das elf Kilometer lange Ufer.
Und auch wenn die Stimmung an ein Volksfest erinnerte - die Menschen wollten sich nicht vergnügen. Sie waren sauer, sie waren gut organisiert und sie waren so klug, sich mit anderen Flugrouten-Aktivisten zu verbünden. So wird die zweite Welle des Protests gegen die negativen Auswirkungen des neuen Schönefelder Flughafens zum Sammelbecken für alle, die sich auch nach den jüngst ausgearbeiteten Kompromissvorschlägen vom Fluglärm betroffen fühlen.
Das kann Schlagkraft entfalten. Die Frage ist nur: wohin? Wozu? Die Flugrouten sind nach erfolgreichem Bürgerprotest überarbeitet, der von der Mehrheit getragene Entwurf liegt beim zuständigen Aufsichtsamt. Der Spielraum für Änderungen dürfte gering sein. Über den zu erwartenden Lärm in der Nacht entscheiden Gerichte; die lassen sich von einer Menschenkette kaum beeindrucken.
Wohl könnten hier Politiker ein Machtwort sprechen. Sie entscheiden über den Wert von Nachtruhe. Doch trotz Wahlkampf hielten sich prominente Parteienvertreter bisher mit Versprechen diesbezüglich zurück. Das legt den Verdacht nahe, dass ihnen das Wohlwollen der Wirtschaft mehr am Herzen liegt als das ihrer Wähler. Der Protest um den Müggelsee könnte ins Leere laufen. Düstere Aussichten für die politische Kultur im Land.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Bundestagswahlkampf der Berliner Grünen
Vorwürfe gegen Parlamentarier
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Berliner Kultur von Kürzungen bedroht
Was wird aus Berlin, wenn der kulturelle Humus vertrocknet?