Kommentar Bremerhavener OB-Posse: Ein langer Urlaub für den Machterhalt
Die Posse um Oberbürgermeister Schulz hat eine politische Dimension. CDU und SPD wollen eine demokratisch korrekte Antwort auf die Nachfolgerfrage vermeiden. Schulz ist nur das kleinste Problem.
B remerhaven braucht in absehbarer Zeit einen neuen Oberbürgermeister, so viel steht fest. Die Amtszeit des amtierenden Jörg Schulz endet Ende November 2011. Und er hat erklärtermaßen bereits keine Lust mehr.
Warum tritt er nicht zurück? Weil ihn das die Pensionsansprüche der letzten Jahre kosten würde. Das ist ein Lapsus im Bremer Beamtenrecht. Ein Grund für das Gemauschel, das SPD und CDU in Bremerhaven seit Wochen an den Tag legen, um Schulz monatelang zu beurlauben und parallel dazu unter Ausnutzung ihrer Noch-Mehrheit einen neuen Oberbürgermeister für die kommenden sechs Jahre zu installieren, ist es nicht.
Denn Schulz, seit elf Jahren im Amt, hätte auch noch sechs Monate weitermachen können. Oder so lange schlicht einem Vertreter das Feld überlassen können. In Krankheitsfällen ist das ja auch kein Problem. Am 22. Mai sind Kommunalwahlen in Bremerhaven. Das neue Stadtparlament hätte einen neuen Oberbürgermeister wählen können. Das wäre zumindest demokratisch korrekt.
Nur: Bei der Wahl büßt die große Koalition vielleicht ihre Vormachtstellung ein. Womöglich würde nicht der SPD-Fraktionschef neuer OB, könnte die CDU nicht mehr so viel mitreden bei anderen Posten. Beide wollen das vermeiden. Das ist die politische Dimension der Bremerhavener OB-Posse. Schulz ist nur das kleinste Problem.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung