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Kommentar BrandenburgEin bisschen Entkrampfung

Stefan Reinecke
Kommentar von Stefan Reinecke

Es gehört zur Machtbalance der Republik, dass die Länder Gegengewichte zur Bundesregierung bilden.

D ie konservativ-liberal regierte Republik hat eine neue politische Topografie. Rot-Rot in Brandenburg, Schwarz-Gelb-Grün an der Saar, eine CDU-SPD-Koalition in Thüringen. Die Republik wird kunterbunt, fast jeder kann mit jedem. So sieht es aus. Aber so ist es nicht.

Matthias Platzeck, der eher dem rechten Flügel der SPD angehört, wird mit der Linkspartei regieren. Dies ist ein Schritt in Richtung Entspannung des von SPD-Seite heftig verkrampften Verhältnisses zur Linkspartei. Rot-Rot wird in Potsdam, wie schon in Schwerin und Berlin, geräuscharm und solide regieren. Die Linkspartei ist in Brandenburg seit zehn Jahren eine Regierungspartei im Wartestand. Mehr als 90 Prozent ihrer Anhänger wollen Rot-Rot. Dabei werden die nächsten Jahre für Platzeck & Co reichlich ungemütlich. 1 Milliarde Euro muss gespart werden, die Spielräume sind minimal, für die Linkspartei wird es schwierig, in dieser Regierung erkennbar zu sein. Kurzum: Dieses Bündnis wird zeigen, dass die Linkspartei auch regieren kann, wenn es hagelt. Das ist etwas wert - neu ist es nicht. Rot-Rot in Potsdam ist ein Schritt in der sich zäh vollziehenden Anerkennung der Ex-PDS als normaler Partei. Nicht mehr, nicht weniger.

Wenn man den Blick weitet, dann fällt die Bilanz ernüchternd aus. Es ist kein Zufall, dass es alle möglichen Landesregierungen gibt, aber eben keine rot-rot-grüne. Kann sein, dass Rot-Rot-Grün in Erfurt und Saarbrücken an persönlichen Animositäten und an diesem und jenem gescheitert ist. Doch dies zeigt eben auch, wie immens die Unverträglichkeit in diesem Trio und wie vage die Vorstellungen von einem gemeinsamen ökosozialen Projekt sind. Im Osten traut die aus Angst bissige SPD sich linke Bündnisse nur, wo das Risiko null ist. Wird es unübersichtlich, zieht sie, wie in Erfurt, sogar die Abspaltung eines Flügels vor.

Bild: taz

Stefan Reinecke ist Redakteur im Parlamentsbüro der taz.

Die eher linken Parteien haben sich, trotz Rot-Rot in Potsdam, in einer wirksamen Selbstblockade eingerichtet. Die Grünen kokettieren mit Schwarz-Gelb, die SPD ist damit befasst, ihren Abstieg zu begreifen, die Linkspartei schwankt unklar zwischen Reform und Fundiopposition. Kein schönes Bild. Es gehört zur Machtbalance der Republik, dass die Länder Gegengewichte zur Bundesregierung bilden. Es macht nicht den Eindruck, dass SPD, Grüne und Linkspartei Merkel und Westerwelle das Regieren übermäßig schwer zu machen gedenken.

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Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.
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6 Kommentare

 / 
  • G
    Georg

    Wie müssen sich die vielen aufrechten Sozialdemokraten fühlen, die nicht nachvollziehen können, dass die große, alte SPD mit Honeckers Erben den politischen Beischlaf praktiziert? Eine Rot-Schwarz-Grüne oder -gelbe Ampel (neue Farben braucht das Land!) wäre ja im Sinne einer breiten parlamentarischen Mehrheit auch eine Option gewesen. Aber dass man mit dem Wahlverlierer LINKE nun eine rot-dunkelrote Koalition schmiedet muss GenossInnen, die einst unter der LINKEN-Vorgängerpartei SED litten, tief schmerzen. Nun wird Stolpes Wort von der kleinen DDR irgendwie doch wahr: "Volksrepublik Berlin-Brandenburg". So schlimm wird`s nicht werden? Im Denunzieren, Taktieren, Manipulieren sind Stalins Erben Spitze. Genausowenig wie die Nachfolger der Nazis, die NPD, sind die Nachfolger der Kommunisten schon nach 20 Jahren demokratische Urgesteine.

    Die Zukunft kann niemand vorhersagen. Nichts ist ewig - außer Gott. Als Wertkonservativer habe ich für mich schon lange entschieden: Wenn die CDU sich irgendwann einmal mit diesen Wendehals-Genossen der SED/PDS/WASG-Nachfolgepartei (mich gruselt es bei diesem Gedanken!) in ein politisches Bett legt, gebe ich meine Mitgliedschaft zurück. Mein Wort! In der Kommune, wo es um Straßenbau, Kläranlagen und Schulen geht, mag das noch angehen um der BürgerInnen willen, im Land und im Bund ist das völlig ausgeschlossen.

    Wozu zwei Parteien, die sich dem gemeinsamen Ziel, einem demokratischen Sozialismus, programmatisch verpflichtet fühlen? Das ist Platzecks Sündenfall, sein erster, aber folgenschwerer strategischer Fehler, und der wird sich in 5 Jahren rächen, denn solange hat nun die "Jamaika-Opposition" in Potsdam alle Zeit der Welt, Strategien gegen die SPD/STASI-Koalition zu entwickeln, zu agieren, zu reagieren. Die Gefahr, dass dieser Sieg in Wahrheit eine Kapitulation, mindestens ein beschämender Kniefall vor Lafontaine und Gysi ist, wird erst später manifest. Das ist ein Pakt mit politisch verantwortungslosen Wegläufern! Es scheint, als zerlege sich derzeit nicht die LINKE, sondern die SPD. Das Berliner Wahlergebnis vom 27.09.09 hat sich bis Potsdam wohl nicht herum gesprochen?

    Immerhin haben CDU und SPD in Brandenburg zugelegt. Die LINKE nicht!

    Wie tickt Platzeck? Will er eine SEPD? Oder war das eine emotionale Kurzschlußreaktion nach der Enttäuschung, weil rot-grün-dunkelrot im Saarland nicht klappt? Ein Kurzschluß bedeutet jedoch immer ein Problem für ein ganzes System. Das kennt jeder aus seinem privaten Haushalt.

    Warum enthielten sich 5 Genossen bei der Abstimmung über die Koalitionsfrage und bezogen somit keine Stellung? In Berlin weiß man, dass bei rot-rot die SPD nicht profitiert. Zum Trost:

    Die LINKE in Potsdam muss nun, wie in Berlin und früher in Rostock, alle Kröten mitschlucken. Wegducken und Fundi-Oppositon geht nicht mehr...

     

    Besser gleich die LINKEN links liegen lassen.

    Besser gleich sich um deren Wählerschaft bemühen.

    Besser gleich die überzeugendere Politik machen.

  • LG
    Lothar Georg Kopp

    Lieber "von Name",

    wie kann ich enttäuscht sein bei dem bundesweit betrachtet insgesamt doch deutlichen schwarz-gelben Lager? Im Vorfeld wurde ja von links bestritten, dass es eine rechte, sprich konservativ-liberale Mehrheit gebe. Nein, wir werden natürlich auch die rot-dunkelrote SPD/STASI-Koalition aushalten. Komisch finde ich eher die Freude darüber.

    Man stelle sich vor, die Lehmann-Bank rettet sich unter anderem Namen über die Zeiten und kehrt mit z. T. dem gleichen Personal ins Bankengeschäft zurück, das verantwortlich ist für die Finanz- und in deren Folge globale Wirtschafts- und Arbeitsmarktkrise. Ein Aufschrei ginge durchs Land! Bei denen, deren Vorgänger einen ganzen Staat (DDR) in den Bankrott getrieben und sprichwörtlich vor die Wand gefahren haben, schweigt man.

    Das finde i c h sehr merkwürdig...

  • N
    noevil

    Zur Analyse der Machtverhältnisse hierzulande gehört auch die Erkenntnis, in welchem Maße die SPD sich seit vielen vielen Jahren wehrlos von CDU/CSU und FDP erfolgreich vor sich her treiben ließ - mithilfe aller möglichen regionalen und überregionalen Medien. Um diesen Stil (aber auch diesen Stiel) umzudrehen war sie vermutlich viel zu sehr mit sich und der Abwehr solcher Angriffe beschäftigt, indem sie sich schwächlich verteidigte bzw. sich eilfertig bemühte, solcherlei Anwürfen entgegen zu wirken.

     

    Damit hatte die CDU/CSU lächelnd ihr Ziel erreicht, jedwede Einigung linker Parteien zu verhindern, die ihren Machtansprüchen in die Quere zu kommen gedroht hätten. Und angesichts der Wahlergebnisse hätte sehr wohl eine solche Gefahr bestanden.

  • N
    Name

    Lothar Georg Kopps Kommentar klingt nach großer Enttäuschung darüber, dass seine Partei (CDU) nicht mehr in der Regierung ist. Dabei ist Rot-Rot genau das richtige Zeichen. Der Absturz der SPD im Bund und in den Ländern (Brandenburg dank Platzeck ausgenommen) liegt nur an der neoliberalen Politik der SPD, die in Koalitionen mit der CDU (vor allem als Juniorpartner) noch deutlicher wird und der SPD keinerlei Profilierungsmöglichkeit gibt.

     

    In Mecklenburg-Vorpommern muss sich noch zeigen, wie sich Rot-Schwarz für die SPD auszahlt. Bei den Bundestagswahlen gingen zumindest alle Direktmandate bis auf Rostock (da war es die LINKE) an die CDU. Für eine SPD, die dort den Ministerpräsidenten stellt, schon ein herber Rückschlag.

     

    Das saarländische Schwarz-Gelb-Grün sehe ich fast als zickige Reaktion der Grünen auf das gescheiterte Rot-Rot-Grün in Thüringen und dann mehr als Ohrfeige gegen die SPD als gegen die Linke.

     

    Matschies Ziel in Thüringen war wohl von Beginn an Schwarz-Rot, alles andere nur Taktieren bis zur Bundestagswahl. Dass sich die Basis das nicht gefallen lässt, ist ein gutes Zeichen. Vielleicht ist Rot-Rot-Grün in Thüringen doch noch möglich.

     

    Und zu guter Letzt wird Schwarz-Gelb im Bund schon genug Potential für die Opposition ermöglichen. Die längere Laufzeit der AKW z.B. wird eine vereinte Opposition hervorrufen.

     

    Und ganz zuletzt kann man in Schleswig-Holstein ja noch hoffen, dass es doch nicht Schwarz-Gelb wird

  • LG
    Lothar Georg Kopp

    Wie müssen sich die vielen aufrechten Sozis fühlen, die nicht nachvollziehen können, dass die große, alte SPD mit Honeckers Erben den politischen Beischlaf praktiziert? Eine Rot-Schwarz-Grüne oder -gelbe Ampel (neue Farben braucht das Land!) wäre ja im Sinne einer breiten parlamentarischen Mehrheit auch eine Option gewesen. Aber dass man mit dem Wahlverlierer LINKE nun eine rot-dunkelrote Koalition schmiedet muss Genossen, die einst unter der LINKEN- Vorgängerpartei SED litten, sehr schmerzen. Nun wird Stolpes Wort von der kleinen DDR irgendwie doch wahr: "Volksrepublik Berlin-Brandenburg". So schlimm wird`s nicht werden...? Abwarten. Im Denunzieren, Taktieren, Manipulieren sind Stalins Erben Spitze. Genausowenig wie die Nachfolger der Nazis, die NPD, sind die Nachfolger der Kommunisten schon nach 20 Jahren demokratische Urgesteine.

    Als Wertkonservativer habe ich für mich übrigens schon lange entschieden: Wenn "meine" CDU sich irgendwann einmal mit diesen Wendehals-Genossen der SED/PDS/WASG-Nachfolgepartei (mich gruselt es bei diesem Gedanken!) in ein politisches Bett legt, gebe ich meine Mitgliedschaft zurück. Mein Wort! In der Kommune, wo es um Straßenbau, Kläranlagen und Schulen geht, mag das noch angehen um der BürgerInnen willen, im Land und im Bund ist das zu 100% ausgeschlossen. That`s a must.

    Wozu zwei Parteien, die sich im Ziel dem demokratischen Sozialismus programmatisch verbunden fühlen? Das ist Platzecks Sündenfall, sein erster, aber folgenreicher strategischer Fehler, und der wird sich in 5 Jahren rächen, denn solange hat nun die "Jamaika-Opposition" in Potsdam alle Zeit der Welt, Strategien gegen die SPD/STASI-Koalition zu entwickeln, zu agieren, zu reagieren. Die Gefahr, dass dieser Sieg in Wahrheit eine Kapitulation, mindestens ein beschämender Kniefall vor Lafontaine und Gysi ist, wird erst später manifest. Das ist ein Pakt mit verantwortungslosen Wegläufern! Es scheint, als zerlege sich derzeit nicht die LINKE, sondern die SPD. Das Berliner Wahlergebnis vom 27.09.09 hat sich bis Potsdam wohl nicht herum gesprochen.

    Immerhin haben CDU und SPD in Brandenburg zugelegt. Die LINKE nicht!

    Wie tickt Platzeck? Will er eine SEPD? Oder war das eine emotionale Kurzschlußreaktion nach der Enttäuschung, weil rot-grün-dunkelrot im Saarland nicht klappt? Ein Kurzschluß bedeutet jedoch immer ein Problem für ein System. Das kennt jeder aus seinem privaten Haushalt.

    Warum enthielten sich 5 Genossen bei der Abstimmung über die Koalitionsfrage und bezogen somit keine Stellung? In Berlin weiß man, dass bei rot-rot die SPD nicht profitiert. Zum Trost: die LINKE muss nun wie in Berlin alle Kröten mitschlucken. Wegducken und Fundioppositon geht nicht mehr...

    Mittel gegen die sog. LINKE?

    Einfach die LINKE links liegen lassen.

  • H
    heartwise_ch

    Tut mir leid, was sollen denn SPD und Linke auch mit einer zweiten FDP anfangen? Gerade jetzt wo das Land soziale Veränderungen braucht, ziehen die Grünen noch einmal deutlich nach Rechts. Die sind einfach unbrauchbar.

    Es ist traurig zu sehen, welche Chancen für einen ökologischen Umbau damit zunichte gemacht werden.

    Mit meiner Entscheidung Greenpeace ja, Die Grünen nein werde ich in Zukunft wohl nicht der Einzige bleiben.