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Kommentar Bonuszahlungen100 Prozent Wille

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Zum ersten Mal wird nicht nur beklagt, dass bestimmte Gehaltssummen unanständig oder nicht zu rechtfertigen sind. Es wird einfach gehandelt.

Bild: taz

Malte Kreutzfeldt leitet das taz-Ressort Ökologie und Wirtschaft.

So schnell kann das gehen: Innerhalb weniger Tage bringt das US-Repräsentantenhaus ein Gesetz durch, das die Boni von Pleitebankern mal eben mit 90 Prozent Steuern belasten soll; die verbleibenden 10 Prozent können sich die Bundesstaaten holen. Einen so hohen Steuersatz fordert hierzulande nicht einmal die Linkspartei - eine Mehrheit in Bundesrat und Bundestag für solche Vorschläge scheint völlig undenkbar. Dort wird zwar seit Wochen über Managergehälter diskutiert - doch zur Debatte stehen keine Obergrenzen oder neue Steuern, sondern lediglich mehr Transparenz und längere Haltefristen für Optionen.

Fairerweise muss dazu gesagt werden, dass die neue 90-Prozent-Steuer in den USA nur in eng umgrenzten Fällen eingesetzt werden soll, nämlich für die Bonuszahlungen von Managern, die über 250.000 Dollar verdienen und bei Banken arbeiten, die mehr als 5 Milliarden Dollar vom Staat bekommen haben. Trotzdem ist die US-Entscheidung ein Signal, das weitreichende Konsequenzen haben könnte und sollte. Zum ersten Mal wird nicht nur beklagt, dass bestimmte Gehaltssummen unanständig oder nicht zu rechtfertigen sind. Es wird einfach gehandelt.

Und nachdem die vermeintliche Unantastbarkeit vertraglich vereinbarter Einkommen erst einmal infrage gestellt ist, scheint auch eine Ausweitung möglich. Denn gerechtfertigt ist eine hohe Besteuerung von Managergehältern nicht nur bei Banken mit Staatsbeteiligung. Schließlich waren praktisch alle Institute an den spekulativen Geschäften beteiligt, die die Krise ausgelöst haben - und die staatliche Unterstützung soll die gesamte Finanzbranche vor dem Zusammenbruch schützen.

Weil ein eigener Steuersatz für eine bestimmte Gruppe - etwa in Form einer Sonderabgabe - aber juristisch wohl nur schwer durchzusetzen wäre, bleibt als Mittel gegen überzogene Gehälter nur eine Lösung: ein deutlich höherer Steuersatz auf Spitzeneinkünfte. Anders als oft behauptet, gibt es keine Urteile, die das verhindern. Dennoch gelten Steuersätze von über 50 Prozent in Deutschland selbst für Millioneneinkünfte als Tabu. Die USA zeigen jetzt: Tabus zu brechen ist nur eine Frage des politischen Willens.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
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2 Kommentare

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  • J
    Jon

    Bei aller und gar nicht verhaltenen Schadenfreude: Das war doch wohl eher ein populistisches Manöver, um davon abzulenken, dass die AIG, also der us-Steuerzahler, den Kollegen von Goldmann und der Deutschen Bank, nicht ein paar hundert Millionen, sondern zig Milliarden überwiesen hat.

  • BG
    Bür ger

    Der Schritt des US-Präsidenten ist grundsätzlich richtig, wobei eine Besteuerung von Managerboni unabhängig von deren Höhe erfolgen sollte und auch in keiner Weise davon abhängen darf ob sie Finanzhilfen des Staates für deren Konzerne erhalten haben. Dem Beispiel der USA sollte man hierzuland umgehend folgen.

     

    Bei Boni von bis zu 499.999,99 € sollten 33% als Steuer abzuführen sein, bei Boni von 500.000,00 € und mehr sollten 67% als Boni abzuführen sein.