piwik no script img

Kommentar Bombenanschläge ReyhanliPerfide Strategie der Attentäter

Jürgen Gottschlich
Kommentar von Jürgen Gottschlich

In der Türkei macht sich niemand mehr Illusionen über die Auswirkungen des Krieges in Syrien. Der Sturz von Assad würde die Kämpfe nicht beenden.

Die Aufräumarbeiten in Reyhanli. Bei dem Anschlag kamen fast 50 Menschen ums Leben Bild: reuters

D er syrische Bürgerkrieg ist in der Türkei angekommen. Nach den Bombenanschlägen in Reyhanli macht sich niemand in der Türkei mehr Illusionen über die Auswirkungen des Krieges in Syrien. Hunderttausende Syrer halten sich derzeit in der Türkei auf, darunter auch viele Bewaffnete, die die Türkei als Rückzugsgebiet nutzen. Der Ort Reyhanli ist ein logistisches Zentrum für den Waffennachschub der syrischen Oppositionskämpfer, was auch Konflikte zwischen Einheimischen und bewaffneten syrischen Oppositionellen geschürt hat.

Wer immer die Bomben am Samstag gezündet hat, es ist eine perfide Strategie, um der türkischen Bevölkerung zu zeigen, dass ihr Land längst Akteur im Kampf um die Zukunft in Syrien ist. Die türkische Regierung drängt schon lange darauf, die syrische Opposition mehr als bislang zu unterstützen.

Erdogan wird in dieser Woche in Washington die Einrichtung einer Flugverbotszone fordern und Ankara wird wohl bald seine Verbündeten in Syrien, das sind hauptsächlich die Muslimbrüder, noch massiver bewaffnen als bislang.

Bild: taz
Jürgen Gottschlich

ist Türkei-Korrespondent der taz.

Die Bombenanschläge zeigen aber auch, dass es im Kampf um Syrien keine Skrupel mehr gibt. Es ist möglich, dass die jetzt von der Regierung präsentierten Verhafteten tatsächlich schuldig sind, genauso gut aber können auch islamistische Oppositionskämpfer die Bomben gelegt haben.

Zu Recht befürchtet die säkulare Opposition in der Türkei, dass auch der Sturz von Assad längst nicht die Kämpfe beenden würde und dass die Freie Syrische Armee kein verlässlicher Partner ist. Erdogan glaubt dagegen, je stärker sich die Türkei jetzt engagiert, umso mehr wird sie später bestimmen können, wer in Syrien das Sagen hat. Doch mit einer solchen Politik hat sich US-Präsident George W. Bush im Irak auch schon geirrt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Jürgen Gottschlich
Auslandskorrespondent Türkei
Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • H
    Herbert

    Es gibt ständig Bombenanschläge in Damaskus, bei denen Zivilsiten sterben und die von den "Rebellen" (sprich: Terroristen) verursacht wurden. Komischerweise ist das Medienecho da gering. Könnte es ein, dass es "gute" und "böse" Zivilisten gibt oder dass hier die Täter die vom Westen unterstützten "Aktivisten" sind?

  • V
    vic

    I`m not convinced.

    Mal höre ich, die syrische Armee würde Sarin einsetzen, mal höre ich, es ist die sogenannte Oppoition. Jetzt dieser Anschlag - who dunnit?

    Auf dieser Basis kann und sollte man sich keinesfalls militärisch engagieren.

  • PS
    Perfide Strategie der Propaganda

    "syrischen Oppositionskämpfer" sind bewaffnete Söldner der NATO, da kann Jürgen noch soviel drumrum schreiben wie er will.

    Zum Glück gibt es Blogger, wie z.B "Hinter der Fichte". Dort wird man nicht von so einer NATO-Propaganda eingelullt wie hier in der TAZ.

     

    Das schlimmste Folterland mit der wenigsten Demokratie ist die USA. Wird Zeit das die NATO das Foltergefängnis Guantanamo stürmt und den Diktator Obama verhaftet.

  • G
    Georg

    Wem nützt dieser Bombenanschlag?Wenn man diese Frage beantworten kann weiss man auch wer dahinter steckt

  • EK
    Endlich Krieg

    "Wer immer die Bomben am Samstag gezündet hat, es ist eine perfide Strategie, um der türkischen Bevölkerung zu zeigen, dass ihr Land längst Akteur im Kampf um die Zukunft in Syrien ist."

    Meint der Autor wirklich der Anschlag in Reyhanli sei eine Strategie um der türkischen Bevölkerung etwas zu zeigen? Sind die Türken so blöd das Sie das von einem Deutschen gesagt bekommen müssen.

     

    Warum denn dann eine Nachrichtensperre über den Vorfall? Es geht wohl eher um einen neuen Kriegsgrund. http://www.jungewelt.de/2013/05-13/025.php

     

    Warum waren absolut sofort Handy Filmer der Rebellen Vorort?

    http://urs1798.wordpress.com/2013/05/12/unverkennbar-die-fsa-propagandisten-waren-bereits-vor-ort-in-reyhanli-syria-turkey/

     

    So weit ich informiert bin wüssen die türkischen Menschen wer die Verantwortung trägt: Erdogan, er hat die Terroristen ins Land gelassen, ausgebildet, bewaffnet und geschützt. Viele fordern seinen Rücktritt, hier eine spontandemo gegen Erdogan https://www.facebook.com/Syr.A.D.W

  • BO
    Bir Osmanli

    Die Türkei hat Partei ergriffen u.eine Bürgerkriespartei unterstützt,nun geht es ihr so ,wie den USA