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Kommentar Bischof MixaDas Monster

Ambros Waibel
Kommentar von Ambros Waibel

Der Fall Mixa darf nicht der Endpunkt einer Reform der Katholischen Kirche sein. Sie muss Erklärungen finden, warum dieser Mensch allein schalten und walten konnte.

W enn alles, was man über den ehemaligen Augsburger Bischof derzeit zu lesen bekommt, sich als wahr herausstellen sollte - dann hat die Katholische Kirche Grund zur Freude. Denn dann ist Walter Mixa nicht einfach ein reaktionärer, alter Mann, der ein paar Watsch'n verteilt hat. Nein, Mixa ist dann ein Monster, das Kinder missbraucht, ein Mensch mit einem Suchtproblem und einem gelinde gesagt laxen Umgang mit Geld, das ihm nicht gehört. Und etwas besseres als ein Monster, an dem sich ein Exempel statuieren lässt, hätte kein noch so ausgefuchster PR-Berater dem Vatikan empfehlen können.

Es überrascht deswegen nicht, dass Benedikt am Samstag den Rücktritt Mixas ungewöhnlich schnell akzeptiert hat - schnell für vatikanische Verhältnisse: Angeblich soll der Papst bereits seit Anfang April von dem Missbrauchsvorwurf, also dem, nicht nur mit Teppichklopfern geprügelt, sondern sexuelle Gewalt ausgeübt zu haben, gewusst haben.

Der Autor

Ambros Waibel ist Meinungsredakteur der taz.

Der Fall Walter Mixa kann aber nicht der Endpunkt einer Reform der Katholischen Kirche sein, sondern der Anfang. Die Katholiken müssen Erklärungen finden und aus ihnen Konsequenzen zu ziehen, warum dieser Mensch in einer Institution, die den Wahlspruch, man solle den nächsten - mindestens - so sehr lieben wie sich selbst, schalten und walten konnte und dabei auch noch Karriere machte.

Mixa sah sich selbst nicht als ultrakonservativ, sondern als volkstümlicher Freund des offenen Wortes - eine Art Thilo Sarrazin in der Soutane. Man kann seinen Rausschmiss auch so interpretieren, dass sich hier ein ganzer Typus verabschiedet: Die religiösen Funktionäre, die in Zukunft die Kirche glaubwürdig repräsentieren wollen, werden sich in Zeiten der wesentlich von Eliten verursachten weltweiten Krise nicht mehr als Repräsentanten einer wie auch immer gearteten Leitkultur verstehen dürfen; sondern sie müssen sich im Geiste Franz von Assisis wieder auf ihre ursprüngliche Aufgabe besinnen und dahin gehen, wo immer mehr Menschen unter den Verhältnissen leiden. Das wird so einfach nicht sein, denn wie der Heilige Franz wusste: "Die Liebe wird nicht geliebt" - jedenfalls weniger als die Macht und die Gewalt.

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Ambros Waibel
taz2-Redakteur
Geboren 1968 in München, seit 2008 Redakteur der taz. Er arbeitet im Ressort taz2: Gesellschaft&Medien und schreibt insbesondere über Italien, Bayern, Antike, Organisierte Kriminalität und Schöne Literatur.
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12 Kommentare

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  • F
    Fragender

    @wolfgang

     

    Bitte nehmen Sie zur Kenntnis das sich Papst Johannes Paul II. für Fehler der katholischen Kirche entschuldigt hat. Ich gehe mal davon aus das Sie dies bis jetzt nicht wussten. Sie können sich über die Details im Internet informieren. Also lassen Sie bitte die Behauptung bleiben. Ansonsten ist es eine Lüge.

     

    Natürlich hat die Kirche Fehler gemacht und macht sie immer noch. Aber welche Religion hatte die Kraft und den Mut sich für Fehler zu entschuldigen? Ich weiß keine und Fehler machen alle.

     

    Zum Artikel:

     

    Herrn Mixa als Monster zu bezeichnen hat schon fast die Qualität eines Propagandablattes oder das Niveau einer anderen Zeitung aus der Gegend der Taz. Noch ist Bischof Mixa für nichts verürteilt worden und damit rechtsstaatlich unschuldig. Natürlich ist sein Rücktritt richtig aber auch er hat Rechte und sollte nicht so genannt werden.

  • W
    Wolfgang

    Die Kirche entschuldigt sich nie, hat sich nie entschuldigt für alle Verbrechen, Morde, Scheiterhaufen usw. usw. Kirche ist und bleibt Kirche mit eigenen menschenverachtenden Gesetzen und Vorschriften. Wer diesem Haufen noch angehört, dem kann man nicht mehr helfen. Sollte es einen Gott geben, dann wundert es mciht allerdings, daß der diesem Treiben nicht Einhalt gebietet. Aber sein Sohn nahm ja bekanntlich gleich zwei Verbrecher mit in das Paradies, verständlich. Heißt es doch: gleich zu gleich gesellt sich gern.

    Christinnen und Christen, nehmt euch doch einmal die Bibel zur Hand und lest Seite um Seite über einen, der auszog, das Fürchten zu lehren!

  • AR
    A.S. Reyntjes

    Mixa - "Monster" oder "Monstranz"...?

     

     

    Selbst wenn Ewig-Bischof Mixa nun mit einer perfid-geschickten Holocaust-Leugnung aufträte, könnte er vielleicht noch dem Papst ein Mitleidchen und ein Kommunität stiftendes Verzeihen entlocken - aber den anderen deutschen Bischöfen nicht mehr.

     

    Das ist Frosch-, pardon: Fortschritt, á la Kirchengschichte!

  • Q
    "unbekannt"

    Hinzufügung zu meinem heute früh an die

    "Tageszeitung", Berlin, übersendeten Leserkommentar

    zum Beitrag "Das Monster", "09.05.2010"

     

    http://www.taz.de/1/debatte/kommentar/artikel/1/das-monster-1/

     

    (vor weniger als einer Stunde noch nicht freige-

    schaltet):

     

     

    Wenn ein Christ vom Islam spricht, so hat er doch

    daran zu denken, daß der römische Bürger Paulus

    aus dem israelitischen Stamm Benjamin stammt

    wie auch Ester, deren Schicksal eng mit Persien

    verknüpft ist. Nun hat Paulus aber doch eine

    Schwester. Auf welche Stelle des BUCHES ESTER

    - es gibt bekanntlich einen nur in griechischer

    Sprache erhaltenen, jüngeren Textabschnitt des

    BUCHES ESTER - könnte sich diese Information

    des NEUEN TESTAMENTS, daß Paulus eine Schwester

    hat, insbesondere beziehen?

     

    [Ein Kontaktformular "Auswärtiges Amt" - "11013

    Berlin" - bestätigt vor weniger als einer Stunde

    den Eingang ("Kontaktaufnahme") dieses E-Mails.

    Am Telefon - 0049 3018 17 2000 (eine Dame) - wurde

    mir jedoch vor weniger als einer Stunde gesagt,

    daß ein Einlangen des E-Mails noch nicht bestätigt

    werden könne.]

  • NN
    Nicht nachbeten!

    @GGG

    Man sollte nicht alles glauben, was die katholische Kirche vorbetet. Auch außerhalb der Gotteshäuser. Ich lese immer von Mixas Schutzbehauptung, es sei vor 30 Jahren für Pädagogen normal gewesen, Kinder zu schlagen. So? Ich habe meine Schultüte 1973 empfangen, bin nie selbst von Lehrern geschlagen worden, habe nie gesehen, dass Mitschüler von Lehrern geschlagen wurden, und bin mir sicher, dass schon damals die Elternschaft der Schulen, die ich besucht habe, Sturm gelaufen wäre. Welch ein Glück, dass ich auf staatlichen Schulen im vermeintlichen Bildungsentwicklungsland NRW gegangen bin. Da war die Welt vor 30 Jahren schon in Ordnung.

  • M
    Möchtenichtzensiertwerden

    Ja Holla, jetzt muss Mixa aber schleunigst rausoperiert werden, damit er nicht abfärbt. Das ist schon ziemlich auffällig.

     

    Nur:

    Die Kirche insgesamt ist autoritär und in vielen Aspekten moralisch sehr fragwürdig und das zieht aber ihre Mitglieder nicht im allergeringsten aus ihrer Verantwortung, auch wenn 10000mal von Schafen und Hirten die Rede ist. 30 % aller Deutschen überweisen diesen Leuten monatlich einen Tageslohn.

     

    Ich finde, alle Katholiken müssen sich selber mal die Frage stellen, wollen sie Teil dieser Organisation sein? Man kann doch nicht die ganze Zeit so tun, als ob das alles toll wäre? Die Kirche hat keinen linken Flügel, wie die Franziskusbrüder und Jesusromantiker so gerne glauben möchten. Die Freunde der Bergpredigt werden seit je her instrumentalisiert, und die Kirche muss sich an den Ideenwelten und den Taten ihrer Führung messen lassen. Es ist eine Machtstruktur, die sich notorisch intransparent, autokratisch, überheblich und im Allgemeinen durchaus schädlich für das Verständnis der Gesellschaften untereinander erweist.

     

    Und wenn dann mal einer auffällt, dann ist das gleich ein Monster?

    Ich darf daran erinnern, dass die Lehre der Kirche selbst getrost davon ausgeht, dass alle Menschen von Geburt an wilde, böse Tiere sind, die ohne die heilsbringende Kraft eben derselben sich nicht aus ihrer Verdammnis befreien können. Also wie jetzt? Im Moment ist nur der Mixa ist ein übler Bursche, weil es politisch genehm ist?

     

    Übrigens gilt die Unschuldsvermutung auch für diesen Herrn. Es ist die katholische Kirche, die traditionelle Probleme mit dem modernen Rechtsstaat hat, das sollte man ihr auch nicht in der TAZ nicht streitig machen.

  • JF
    Joss Fritz

    @GGG

    und was ist, wenn Mixa schuldig ist?

     

    Kinder prügeln war vor 30 Jahren keineswegs "normal".

    Kaum jemand weiss, dass der Herr Bischof vom Staat bezahlt wird.(nicht von der Kirche)

    Einkommen zwischen 7500-10.000 Euro.

    Hinzu kommt noch mietfreies wohnen und Dienstwagen (S-Klasse) plus Chaufeur.

    Dieser Sachverhalt ist eigentlich schon Skandal genug.

    Wenn ich daran denke, das Mixa jetzt auf Steuerzahlers Kosten seinen Ruhestand geniesst, dann könnte ich K.....

  • Q
    "unbekannt"

    Renate Kortheuer-Schüring sagt in der Druckschrift

    GLAUBE UND HEIMAT, "Nr. 18" - 2. Mai 2010" ("Aus-

    gabe Thüringen"), auf Seite 2, Hans Küng mache sich

    für ein Konzil "stark". Alois Glück, "Präsisdent

    des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZDK)"

    und "Erzbischof" Robert Zollitsch, "Vorsitzender der

    Deutschen Bischofskonferenz" würden die Notwendig-

    keit einer Umkehr wegen des Mißbrauchsskandals

    sehen. Auch "Justizministerin" Sabine Leutheusser-

    Schnarrenberger "(FDP)" wird im Zusammenhang mit

    der Notwendigkeit einer solchen Umkehr genannt.

    Aber:

    Hätte nun nicht Deutschland zu entscheiden, ob es

    die Haltung Benedikts XVI. gegenüber dem KORAN

    für angemessener hält oder jene Hans Küngs?

  • E
    endlichaustreten

    Sind eigentlich auch im Jahre 2010 Kommentator und viele Leser der taz immer noch katholisch ? Armes Deutschland, wenn die letzten 50 Jahre nicht zu mehr Kritik geführt haben als in diesem Kommentar zu lesen ist. Interessiert es wirklich die Leser der taz, "welche Funktionäre in Zukunft glaubwürdig die katholische Kirche repräsentieren wollen" ? Und was ist, bitte, mit dem "Heiligen Franz" ? Wenn ein solcher Artikel nicht mindestens zu deutlichen Forderungen nach Trennung von Kirche und Staat führt, dann könnte er auch in einer aufgepeppten Neuauflage der "Bildpost" stehen.

  • S
    susi

    Hallo anke,

    solltest du tatsächlich übersehen haben, dass es im Deutschen das Wort "Monstrum" durchaus gibt (mit den von dir vorgeschlagenen Bedeutungsvarianten), "Monster" aber keineswegs "Mahnzeichen" bedeutet? Auch nicht bei wikipedia. Wenn die taz das gemeint hätte, würden wir sicherlich "Monstrum" im Titel finden.

  • A
    anke

    @GGG:

    Der Begriff Monster leitet sich vom lateinischen monstrum = Mahnzeichen ab. Ganz ursprünglich, das behauptet jedenfalls Wikipedia, galten Monstren als von Gott gesetzte Zeichen, die den Gläubigen auf die Gefahren und die Folgen eines Abweichens vom rechten Glauben hinweisen sollten. Die Missgestalt eines Monsters hatte in sofern durchaus einen guten Zweck. Herr Mixa, fürchte ich, würde sich mit diesem Titel noch ganz gut bedient fühlen dürfen, sollten die Vorwürfe, die gegen ihn erhoben werden, berechtigt sein.

     

    Davon abgesehen ist es natürlich ziemlich billig, sich ausschließlich an die katholische Kirche zu halten mit der Frage, wieso da einer schalten und walten konnte wie er wollte. Anderswo nämlich ist so etwas ebenfalls üblich - mit ganz ähnlichen Folgen.

  • G
    GGG

    Nunja, was hier eigentlich passiert ist, weiß keiner. Ein Verdacht. Vorher Anschuldigungen über etwas, was nicht schön, aber vor 30 Jahren eben doch noch normal war. Es scheint mir, dass hier ein unbequemer Geist systematisch zu Fall gebracht werden soll. Medien brauchen nur das Wort sexueller Missbrauch oder Kinderpornographie mit einer Person in Verbingung zu bringen, und diese Person ist erledigt. Beweise, Konkretisierungen sind überflüssig. So kann man heute jeden zu Fall bringen, der einem nicht passt. Das ist wie früher die jüdische Großmutter.

     

    Sollte sich heraussstellen, dass Mixa bzgl. des Missbrauchs unschuldig ist, sollten alle Schadenersatz zahlen - auch die taz, dafür, dass man ihn vor einer Verurteilung mit "Monster" bezeichnet hat, im Titel, ohne Fragezeichen.