Kommentar Bezirksamtsleiter-Initiative: Nur bitte keine Kirchturmpolitik
Hamburg ist kein Flächenstaat: Wer eine Stadt aus einem Guss will, muss die Entscheidungsgewalt der Bezirke begrenzen.
D er Zeitpunkt ist geschickt gewählt: Mitten hinein ins Hamburger Machtvakuum schlagen Hamburgs Bezirksamtsleiter eine Reform der Aufgabenverteilung zwischen städtischer und kommunaler Ebene vor, die die Gewichte gewaltig zu ihren Gunsten verschieben würde. Ihre Argumentation ist einfach: Bezirke, in denen teilweise über 300.000 Einwohner leben, sollten mehr vor Ort entscheiden können und die Kompetenz anderer Großstadt-Rathäuser bekommen.
Unter dem Label dezentralerer, bürgernaher Entscheidungsstrukturen und des Abbaus von Bürokratie ist das allemal eine populäre Forderung. Tatsächlich fungieren die Bezirke trotz einiger Reförmchen der vergangenen Jahre größtenteils als Außenstellen städtischer Fachbehörden, ohne Etat-Hoheit, sieht man von der Verteilung sehr begrenzter Bezirkssondermittel ab. Auch deshalb gab es im vergangenen Jahr schon Überlegungen, die Bezirke abzuschaffen.
Der jetzige Vorschlag weist in die genau entgegengesetzte Richtung. Allerdings: Hamburg ist kein Flächenstaat. Wer eine Stadt aus einem Guss will, muss die Entscheidungsgewalt der Bezirke, die immer auch ein Stück Kirchturmpolitik mit sich bringt, begrenzen. Reformen, die Doppelzuständigkeiten verhindern und klare Kompetenzverteilungen festlegen, tun not. Doch die bedeuten nicht automatisch, dass die Bezirksfürsten alle Macht über ihre kleinen Königreiche erlangen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Berliner Sparliste
Erhöht doch die Einnahmen!
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid