piwik no script img

Kommentar BankenrettungWer zahlt, muss mitbestimmen

Kommentar von Stephan Kosch

Wenn Steuergeld zur Rettung privater Banken eingesetzt wird, muss es eine Gegenleistung geben. Die Angst der Bundesregierung vor einer Teilverstaatlichung ist falsch.

Bild: taz

Stephan Kosch ist Redakteur im Ressort Ökologie und Wirtschaft.

Mit dem Geld, das die Bundesregierung jetzt einsetzt, um die Finanzkrise zu lösen, könnte sie jedem Einwohner der Bundesrepublik die einmalige Zahlung von 6.060,61 Euro aufs Konto überweisen. Völlig klar, diese Gedankenspielerei geht nicht auf - allein schon, weil damit Risiken mit realen Ausgaben verglichen werden. In welcher Höhe die staatlichen Garantien, die die Banken künftig in Anspruch nehmen können, am Ende des Bundeshaushalt belasten werden, weiß noch niemand. Genauso wenig, wie bekannt ist, ob der volkswirtschaftliche Schaden nicht noch viel größer wäre, wenn die Regierung nicht handeln und den Konkurs von Banken in Kauf nehmen würde. Vielleicht wäre dann gar kein Geld mehr da, wofür auch immer?

Der Vergleich verdeutlicht nur, in welchen Dimensionen sich die Finanzpolitik mittlerweile bewegt. Erst vor einigen Wochen rieben sich die Fachleute weltweit die Augen angesichts der 700 Milliarden US-Dollar, die die Bush-Regierung für ihre Banken zur Verfügung stellte. Jetzt zieht das viel kleinere Deutschland mit einer ähnlichen Summe nach. Und dann sind da noch die Rettungspakete, die in Frankreich, England und all den anderen europäischen Staaten geschnürt werden. Es geht um Billionen, die bewegt werden, um einen Kollaps zu vermeiden.

Spätestens jetzt zieht sich der Kleinsparer gedanklich zurück aus der dünnen Luft der Hochfinanz, wo Schwindel und Hyperventilation drohen. Dabei geht es um Steuermittel - um unser Geld. Und wenn es zur Rettung privater Banken eingesetzt wird, muss es eine Gegenleistung geben.

Die einfachste Möglichkeit: Der Staat übernimmt, zumindest auf Zeit, Anteile der betroffenen Banken - und damit einen Platz in den Kontroll- und Leitungsgremien. Das Gesetz, das jetzt auf dem Tisch liegt, lässt dies zu. Doch die Regierung zögert. Stattdessen fordert sie lieber populistisch, die Managergehälter gehörten begrenzt.

Diese Angst vor einer Teilverstaatlichung der Banken ist falsch. Wer sich ins Management einer Bank einmischt, die er mit seinem Geld versorgt, kann dafür sorgen, dass die Verluste begrenzt bleiben. Damit am Ende mehr übrig bleibt für Kitas, soziale Sicherungen und den Klimaschutz.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

2 Kommentare

 / 
  • UF
    Ullrich F.J. Mies

    Interessant an all den Beiträgen, Kommentaren usw. ist, dass die Mitverantwortung der Regierenden an dem Finanzdebakel systematisch ausgeblendet wird.

    Sie waren es, die die Scheunentore der Deregulierung und Liberalisierung aufrissen, um die so genannte Freizügigkeit des Kapitalverkehrs sicher zu stellen. Sie waren es, die als eine der vier „Grundfreiheiten“ der EU den „freien Kapitalverkehr“ in die Römischen Verträge hineinschrieben. Die verantwortlichen Politiker öffneten den organisierten Verbrechern in Nadelstreifen die Türen und haben durch die Abschaffung geeigneter Kontrollen den organisierten Betrug absichtlich oder aus grober Fahrlässigkeit in Kauf genommen. Sie tun dies bis heute, weil für sie das neoliberale Credo der Freihandelsideologie nach wie vor Gültigkeit hat - bis alles in Scherben fällt.

    Darum gilt: Die organisierte Finanz-Mafia darf sich bei ihren Angestellten in der Regierung für die Staatsabsicherung der kriminellen Geschäfte bedanken.

  • J
    Jörg

    Sehr geehrter Herr Kosch,

    ihre Forderung nach staatlicher Kontrolle des Finanzwesens - etwa durch Teilnahme an Teilhaberversammlungen - mag sicherlich naheliegen, doch sind derartige Gremien (Aufsichtsräte etc.) schon seit jahr und Tag mit Politikern besetzt. Und selbst wenn - aufgrund von bestehenden Beteiligungen - ein liquides Interesse an der Kontrolle der betreffenden Unternehmungen bestanden haben mag, so ist diese doch offensichtlich an mangelndem Verständnis der Inhalte durch die Gremiumsmitglieder nicht in hinreichendem Maß ausgeübt worden.

    Wer soll also auf Staatsseite - bei steigender Beteiligung - die Kontrolle überhaupt verständig ausführen?