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Kommentar BallackMachtkampf ausgesessen

Kommentar von Markus Völker

Löws Verzögerungs-Taktik ist aufgegangen. Denn hätte er früher in der Causa Ballack entschieden, wäre es nur darum gegangen, wer der bessere Kapitän ist.

Schluss mit wilde 13: Michael Ballack. Bild: dapd

M ichael Ballack ist raus. Joachim Löw will ihn nicht mehr. Eigentlich wollte er ihn schon länger nicht mehr. Löw hat auf Zeit gespielt und gewonnen. Er hat das Problem einfach ausgesessen.

Anstatt schon nach der WM in Südafrika klipp und klar zu sagen, was Sache ist, hat er kunstvoll diplomatisch gezögert und das Unabwendbare spät verkündet. Löws Taktik ist aufgegangen.

Nach Ballacks Knöchelverletzung und dem darauf folgenden WM-Aus diskutierte die Öffentlichkeit noch eine Weile, ob Ballack verzichtbar und wer denn nun der "echte" Kapitän sei, Ballack oder Philipp Lahm. Doch je mehr Zeit verging, desto blutärmer wurde die Debatte und desto klarer wurde: Der Capitano wird nicht mehr gebraucht. Aus mehreren Gründen: Weil es junge, leistungsstarke und unkomplizierte Spieler auf seiner Position gibt. Weil Ballack zu lange brauchte, um wieder in Form zu kommen. Weil Ballacks Vereinstrainer Jupp Heynckes zuerst auch so wenig wissen wollte von ihm wie jetzt Löw. Und weil Löw mit der Ausbootung Ballacks einen teaminternen Konflikt löst.

Bild: taz
MARKUS VÖLKER

MARKUS VÖLKER ist Redakteur im Sport-Ressort der taz.

Unterm Kapitän hätte er es nicht gemacht

Wäre Ballack zurückgekommen, dann nur mit den Befugnissen eines Kapitäns. Unter dem hätte er's nicht gemacht. Aber einen Machtkampf in einer Mannschaft, die nahezu reibungslos zu funktionieren scheint, braucht Löw so dringend wie ein 0:5 im kommenden Länderspiel gegen Brasilien. Die Verdienste von Ballack mögen groß sein, eine Garantie zum Mitspielen hat er deswegen noch lange nicht. So sentimental ist der Fußball nicht.

Ein Abschiedsspiel hat ihm der DFB jetzt noch gönnerhaft offeriert, doch wie es scheint, will Ballack nicht mit scheinheiliger Geste verabschiedet werden. Das spricht nicht unbedingt für eine gütliche Einigung, auch wenn Löw glauben machen will, Ballack hätte Verständnis geäußert für seine Entscheidung. Ein Spieler vom Format eines Michael Ballack wäre gern nach einem WM-Finale auf dem Gipfel seiner Karriere abgetreten.

Aber jetzt wird Ballack irgendwie ungut heraus komplimentiert aus der Nationalelf. Intern gilt er als Störfaktor und alter Mann. Löw ist schlau genug, den Abgang Ballacks als Umbruch umzudeuten: Die Jungen haben das Sagen auf dem Platz, endgültig. Die Hierarchie ist klar.

Und Ballack? Der steht auf dem Abstellgleis. Verständlich, dass er jetzt schmollt.

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Redakteur
Seit 1998 mehr oder weniger fest bei der taz. Schreibt über alle Sportarten. Und auch über anderes.
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3 Kommentare

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  • P
    peterkatde

    "Löw hat auf Zeit gespielt und gewonnen"?

    Find ich gar nicht. Er hat sich discreditiert.

    Einer Bande von Ja-sagern, die zu jung sind um Löws Spiel zu durchschauen und die nur über Konkurrenz und Ellenbogen glauben weiterzukommen, den Kapitän zu verweigern, ist das Ende und nicht der Beginn einer Ära.

    Ganz sicherlich hat Löw Probleme mit Autoritäten.

    Wäre er selbst eine, würde er andere mit ins Boot holen, würde er Partnerschaften suchen.

    Aber er ist ein Feigling der sich anderen Autoritäten nicht stellen kann, und deshalb alles aussitzt.

    Manche bezeichnen das ja als smart.

    Wie sagt die Schrift an der Wand:"Elf Freunde sollt ihr sein!" Ich sage mal 12!!!!!!!!

    Wird Zeit dass Löw´s Plüschpulli einmal durch einen härteren Waschgang geht. Er mag dann etwas kleiner sein dannach, aber er wird fester und auch kratziger. Täte der "Mannschaft" gut.

    Schade um Ballak und Schande über diesen Menschen, der ihn ungestraft nicht nur um ein Jahr seines Lebens

    gebracht hat und sich dessen auch noch rühmt.

    Auch beim Sport sind die Ausführenden Menschen und es gelten auch dort die elementaren Gesetze unserer mühselig errungenen demokratischen Gesellschaft, Herr Völker. Fußball heute ist nicht das Colloseum der Gladiatoren in Rom und soll es auch nicht wieder werden. Wünsch ich mir.

  • K
    kicko77

    Löw wird langsam wie Blatter ,arogant und mir kann eh keiner was

  • M
    Mehmet

    Tut mir Leid, aber Sie sind kein Sportexperte,sondern ein rationaler Journalist.

    Wenn Sie denken, Löw hat etwas "gewonnen",dann vergessen Sie,dass Deutschland eine Fußballnation mit Blut und Schweiß ist.

     

    Jeder,der hier Fußball lebt, ich behaupte mal 82 Millionen, merkt im Moment, dass unser Held der letzten Jahre, die Weltmarke und das Aushängeschild Deutschlands, Rückgrat bewiesen und Größe zeigt.

    Jogi Löw und die "Özil-Khedira-Schweini-BILD Weltklasse-Generation" werden jetzt erst recht scheitern.

    Über das Ende Ballacks kann man diskutieren, über die Art und Weise, Herr Völker, sollten Sie sich mal sachliche Gedanken machen.

    Schließlich waren Sie auch wohl einer derjenigen,die seit 2002 für Ballack sich die Kehle wund gejubelt haben.

     

    Hochachtungsvoll