piwik no script img

Kommentar BKA-GesetzSachsens Jusos retten Bürgerrechte

Kommentar von Veit Medick

Ein kleiner sozialdemokratischer Landesverband kippt Schäubles BKA-Gesetz - hochpeinlich für die SPD. Dabei ist Kritik an dem Gesetz bis in die politische Mitte hinein verbreitet.

Es gehört zum Selbstverständnis der Jusos, die eigenen Genossen zu piesacken, wo es nur geht. Doch die Relevanz des Jugendverbands der SPD ist in den letzten Jahren stark geschwunden. Um so überraschender, dass sich die Mehrheit eines sächsischen Parteitages jetzt einem Antrag der Jusos angeschlossen hat, das geplante BKA-Gesetz abzulehnen. Ihr Land muss sich nun im Bundesrat enthalten: Damit ist die Mehrheit für das umstrittene Polizeigesetz von Innenminister Schäuble futsch.

Sachsens Einspruch ist gut für die Bürgerrechte - für die SPD-Spitze ist es hochnotpeinlich. Denn der Coup offenbart einmal mehr, wie weit entfernt sie von der Stimmung an der Basis ist.

Es ist erst eine Woche her, da kassierte eine Arbeitsgruppe den Koalitionskompromiss zum Bundeswehreinsatz im Inland - ein Denkzettel für Fraktionschef Struck und Kanzlerkandidat Steinmeier, künftig bitte schön nicht einfach an der Partei vorbei zu entscheiden. Jetzt kippt ein kleiner Landesverband das BKA-Gesetz. Logisch, dass da die Union die SPD als unzuverlässigen Partner beschimpft.

Gleichzeitig birgt die Wende für die Sozialdemokraten eine große Chance, denn das Gesetz dürfte in einem Vermittlungsausschuss neu verhandelt werden. Dabei könnte sich die SPD doch noch als Partei mit verantwortungsvoller Bürgerrechtspolitik zeigen. Sie braucht ja nicht gleich das ganze Gesetz zur Disposition zu stellen - das wäre auch Unfug, denn das Bundeskriminalamt sollte in der Tat die gleichen Befugnisse bekommen, die die Polizeien der Länder längst haben.

Für die Onlinedurchsuchung gilt das aber nicht: Sie ist ist verfassungsrechtlich problematisch, und es fehlt jeder Beleg dafür, dass sie die Terrorbekämpfung effektiver macht. Es muss klar sein, dass alle Überwachungs- und Durchsuchungsmethoden von Richtern genehmigt werden. Immer - auch in Eilfällen. Und alle mit sensiblen Daten befassten Berufsgruppen müssen ihre Informationen schützen dürfen, nicht nur ausgewählte.

Die Wähler würden es der SPD danken. Denn die Kritik am BKA-Gesetz ist keineswegs nur eine Sache von verblendeten Jugendgruppen oder winzigen SPD-Landesverbänden. Sie reicht bis weit in die politische Mitte hinein.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • GR
    Günther Rudloff

    Liebe Taz-Redaktion,

     

    wenn ich mir vorstelle, daß jugendlicher Leichtsinn ein wichtiges Gesetzt, das die „Garanten“ und „Eliten“ in unserer Republik schützen soll, verhindern kann, dann gibt mir das zu denken.

     

    Dabei stelle ich mir vor, daß irgendwelche dunklen Mächte das sogenannte Volk aufhetzen könnten, sich gegen diesen „hervorragend demokratisch geführten Staat“ aufzulehnen, auf die Straße zu gehen und von ihren selbsternannten Volksvertretern das zu fordern, was die ihnen schon öfters mal versprochen hatten.

     

    Bei solchen Demonstrationen besteht immer die Gefahr, daß von diesen „Schmarotzern“ ein paar laut herausbrüllen, was ihnen nicht gefällt, und daß sie glauben, das zurecht zu tun, und das dabei so manche Wahrheit ans Licht kommt, die den Garanten und Eliten verständlicherweise nicht gefällt. Also muß diese Gefahr von vornherein verhindert werden.

     

    Um das verhindern zu können, muß man natürlich am besten präventiv handeln. Demzufolge muß man vorher wissen, ehe eine solche Demonstration mit ihren unvorhersehbaren Folgen stattfindet. Man muß die Kommunikationen dieser "Pseudoterroristen" kontrollieren. Und da diese fast ausschließlich über das Internet stattfindet, müssen die Voraussetzungen geschaffen werden - natürlich ganz legal – in die Kommunikationsquellen einzudringen – in die PC der Bürger, die sich einbilden ihre Meinung frei äußern zu können.

     

    Wie gut daß es Terroristen irgendwo auf der Welt gibt, so kann man wenigstens dieses Vorgehen ausreichend begründen.

     

    Könnte es sein, daß ich falsch liege, denn ich bin nicht unfehlbar? Übrigens: Die Jungsozialisten sollte man aus Sachsen hinauswerfen -- und nach Berlin schicken!