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Kommentar ArbeitsmarktDie Menschen hinter der Statistik

Barbara Dribbusch
Kommentar von Barbara Dribbusch

Über die Realität des Jobmarktes sagen Zahlen nichts. Ein-Euro-Jobs sind oft ein problematischer Balanceakt - und doch unentbehrlich.

Bild: privat

Barbara Dribbusch ist Redakteurin für Sozialpolitik im Inlandsressort der taz.

Mit Zahlen allein lässt sich kaum erfassen, was auf dem Jobmarkt los ist. Das zeigt sich allmonatlich bei der Verkündung der Arbeitslosenzahlen - und der anschließenden öffentlichen Debatte darüber. Derzeit wird wieder ganz heiß diskutiert, ob die Arbeitslosenstatistik das Ausmaß der Erwerbslosigkeit nicht beschönige, weil die Menschen in Beschäftigungsmaßnahmen in der Statistik nicht auftauchen. Daran schließt sich gerne die Diskussion an, ob die Maßnahmen überhaupt irgendetwas bringen. Schließlich schaffen Erwerbslose von dort nur selten den Sprung in den ersten Jobmarkt.

Diese Kritik beruht jedoch auf einem Missverständnis: Die Bundesagentur für Arbeit ist nicht in erster Linie eine Jobvermittlungsagentur. Sie ist vor allem eine Sozialbehörde. Und zwar für hunderttausende von Menschen, die nicht mehr gefragt sind auf dem ersten Arbeitsmarkt. Sei es, weil sie vom Alter her nicht mehr passen oder von der Ausbildung oder von der Arbeitsfähigkeit. Daher muss man sich ganz andere Fragen stellen über Beschäftigungsmaßnahmen als die, ob diese Jobs eine Statistik beschönigen. ABM-Stellen oder Ein-Euro-Jobs sind nämlich gefangen im Maßnahmen-Paradox. Sie sollen einerseits wenigstens ein bisschen produktiv sein. Gleichzeitig aber dürfen sie reguläre Jobs etwa im Handwerk oder in der Altenpflege nicht verdrängen.

Dieser Balanceakt ist schwierig. Sinnvolle subventionierte Tätigkeiten wie Renovierungsarbeiten in Schulen wurden in Berlin verboten. Dort proben Ein-Euro-Jobber oder ABMler inzwischen in völliger Überbesetzung Theaterstücke für Altenheime oder hocken in viel zu großer Zahl in Non-Profit-Läden herum. Diese Jobs stellen keine Bedrohung dar für den ersten Arbeitsmarkt und werden daher von den Kommissionen der Jobcenter genehmigt, in denen Handwerksvertreter und Gewerkschafter sitzen.

Sinnentleerte Ein-Euro-Jobs sind ein Skandal. Sie abzuschaffen aber ebenso - denn die Betroffenen haben oft keine andere Beschäftigungschance. Und diese Realität des Jobmarktes können Arbeitslosenzahlen nicht erfassen.

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Barbara Dribbusch
Redakteurin für Soziales
Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).
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1 Kommentar

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  • LP
    Ludwig Paul Häußner

    Statt Hartz IV ein bedingungsloses Grundeinkommen

     

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    Der wissenschaftliche Beirat des Bundesfinanzministeriums fordert in seiner gestern veröffentlichtn Expertise eine Arbeitsppflicht für HartzIV Empfänger.

     

    Man will eine totes Pferd weiter reiten...

     

    Die zukunftsweisende Alternative ist ein bedingungsloses Grundeinkommen.

     

    Nur wenn ein staatliches, aus Steuern finanziertes System der Grundsicherung und der Gesundheitsversorgung besteht, kann man den Menschen zumuten, zu niedrigeren Löhnen zu arbeiten. Wichtig ist, die Kosten dafür von den Löhnen abzukoppeln. Doch aus welchen Steuern soll dann diese Grundsicherung finanziert werden?

    Zukunftsweisend ist ein konsumsteuerfinanziertes, bedingungsloses und substitutives Grundeinkommen. Das ist revolutionär in der Denkweise, hat aber den Vorzug, dass es evolutionär verwirklicht werden kann: Die bisherigen Arbeitseinkommen und/oder Sozialtransfers werden auf das Grundeinkommen angerechnet. Für den einzelnen Bürger ist es ein Sockelbetrag. Es wird also grundsätzlich an jeden gezahlt, ohne Ansehen sonstiger Einkünfte. Der Mensch und seine Arbeitskraft haben keinen Warencharakter mehr. Durch Vertragsfreiheit kann der Einzelne je nach Qualifikation und Präferenz ein auf das Grundeinkommen aufbauendes Erwerbseinkommen erzielen.

    Durch den damit einhergehenden Wandel von der Einkommensbesteuerung zu einem konsumbasierten Steuerwesen bliebe jedes zusätzlich erarbeitete Einkommen steuerfrei, die Leistungsentfaltung würde nicht mehr behindert. Die Besteuerung fände erst zum Zeitpunkt des Konsums statt.

     

    Fazit: Wohlstand für alle durch Einkommen für alle.

     

    Ludwig Paul Häußner

    Universität Karlsruhe (Th) - Iep