Kommentar Arabische Revolten: Selektive Moral
Die Bombardements auf Gaddafi haben noch nicht die erhoffte Wirkung gezeigt. Währenddessen lässt man die Demokraten in Bahrain und im Jemen im Stich.
W o steckt eigentlich Bernard-Henri Lévy? Seit seinem spektakulären Einsatz für die libyschen Rebellen in Bengasi, denen er zur Anerkennung verhalf, ist es um den Philosophendarsteller aus Paris still geworden. Liegt es nur daran, dass die herbeigesehnten Bombardements noch nicht die erhoffte Wirkung auf Gaddafi gezeigt haben? Oder ist ihm die arabische Welt schlicht zu unübersichtlich geworden, dass er sich nicht mehr einmischen mag?
Grund genug, sich zu Wort zu melden, gäbe es ja. In Bahrain wird der Opposition gerade endgültig der Garaus gemacht: Seit am 15. März das Kriegsrecht über das Golf-Königreich verhängt wurde, hat das Regime mit brutaler Gewalt die Kontrolle über Dörfer, Krankenhäuser und Medien übernommen. Mehrere hundert schiitische Aktivisten, Demonstranten und Oppositionelle sitzen in Haft, vier von ihnen sind seither "unter ungeklärten Umständen" gestorben.
Auch im Jemen denkt Präsident Ali Abdullah Saleh noch immer nicht daran, nach 32 Jahren sein Amt aufzugeben - und dass, obwohl schon seit Februar Zehntausende gegen ihn auf die Straße gehen und der Golf-Kooperationsrat ihm jetzt sogar eine goldene Brücke baut: Tritt er zurück, sollen er und seine Familie straffrei bleiben.
Anders als in Syrien, wo sich Baschar al-Assad ebenfalls mit Gewalt an der Macht hält, sind Bahrain und der Jemen Verbündete des Westens. Umso leichter müsste es doch für die USA sein, Druck auszuüben, möchte man meinen. Doch während man der Opposition in Libyen militärisch zu Hilfe eilt, lässt man die Demokraten auf der arabischen Halbinsel im Stich.
Eine Supermacht kann sich eine solche Doppelmoral vielleicht leisten. Aber wer behauptet, dass es ihm um die Menschenrechte gehe, darf dazu nicht schweigen. Sonst ist er nicht mehr als ein Maskottchen der Macht.
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