Kommentar Anti-Atom-Referendum Italien: Berlusconi? Nein danke

Die Italiner sind nicht auf Berlusconis Taschenspielertricks hereingefallen. Sie haben gegen Atomkraft gestimmt - und für den Ausstieg aus dem Berlusconismus.

Eine strahlende Zukunft hatte Silvio Berlusconi für Italien geplant. Das Land, das bisher ohne AKWs auskam, sollte als weiteres Wahrzeichen der Ära Berlusconi den Einstieg in die Atomkraft vollziehen. Doch die Wähler sagten jetzt mit dem Referendum vom Sonntag und Montag ein überdeutliches Nein. Ein Nein, an dem keine Koalition, weder jetzt noch in den nächsten Jahrzehnten, vorbeikann.

Doch das Votum der italienischen Wähler ist weit mehr als ein Veto gegen die verfehlte Energiepolitik Berlusconis, und niemandem war die mögliche Sprengkraft der Volksabstimmung klarer als dem Regierungschef.

Alles hatte er getan, um zu verhindern, dass die für die Gültigkeit des Referendums nötige Beteiligung von über 50 Prozent der Wähler erreicht würde: Erst hatte seine Regierung den spätestmöglichen Termin gewählt, dann hatte sie ein zweijähriges Nuklearmoratorium beschlossen, um den Bürgern endgültig die Lust am Abstimmen zu nehmen. Doch die fielen auf den Taschenspielertrick nicht herein. Bitter für Berlusconi: Sie strichen ebenfalls ein Gesetz, das ihm die Möglichkeit einräumte, in seinen Prozessen nur dann zu erscheinen, wenn er nicht gerade durchs Regierungsamt "legitim verhindert" ist.

"Für die Regierung ohne Folgen" sei das Referendum, hatte der Premier schon vor der Abstimmung erklärt, offenkundig ahnend, dass er nach der Kommunalwahlschlappe vor zwei Wochen einer weiteren Niederlage entgegenging. In der italienischen Rechten, die vor drei Jahren die Linke vernichtend geschlagen hatte, macht sich Untergangsstimmung breit. In ihren Reihen sind sich die meisten bewusst, dass die Italiener nicht bloß für den Abschied von der Atomkraft, sondern auch für den Ausstieg aus dem Berlusconismus gestimmt haben.

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Promovierter Politologe, 1985-1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Unis Duisburg und Essen, seit 1996 als Journalist in Rom, seit 2000 taz-Korrespondent, daneben tätig für deutsche Rundfunkanstalten, das italienische Wochenmagazin „Internazionale“ und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Büro Rom der Friedrich-Ebert-Stiftung.

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