Kommentar Annette Schavan: Ihr Ehrgeiz hält sich in Grenzen
Annette Schavan betreibt gern Elitenförderung – auch in eigener Sache. In der Diskussion um ihre Doktorarbeit sollte sie sich zu ihren Fehlern bekennen.
E litenförderung ist ein besonderes Anliegen für Annette Schavan. Ohne Not hat sie vor ein paar Jahren das Büchergeld für Studierende angehoben, die ein Stipendium der Begabtenförderwerke erhalten: Jungen Menschen aus überwiegend wohlhabenden Familien hat sie einfach mal ein bisschen Geld zugeschoben.
Ganz auf Elite setzt Schavan auch, wenn sie Exzellenzunis kürt. Die Leuchttürme sind ihr so wichtig, dass sie eine Grundgesetzesänderung vorantreibt: Wo es um Exzellenz in der Forschung geht, sollen Bund und Länder künftig zusammenarbeiten dürfen. Dass es eine gemeinsame Kraftanstrengung bräuchte, um die Masse der Schulen besser auszustatten, dafür reichten Schavans Ambitionen dann nicht. Und ausgerechnet diese Elite-Ministerin soll in ihrer Doktorarbeit gemogelt haben?
Natürlich sagen zwei Buchstaben vor dem Namen eines Politikers nichts über seine Befähigung aus. Auch ein Studienabbrecher könnte im Amt Gutes für Bildung und Forschung erreichen. Und es ist kein Vergehen, wenn eine Ministerin die Exzellenz so hochhält wie Schavan, aber nach heutigen Maßstäben selbst keine ganz so exzellente Doktorarbeit vorgelegt hat – solange sie nicht vorsätzlich betrogen hat und den Titel zu Unrecht trägt. Aber das prüft die Uni Düsseldorf bekanntlich noch.
ist Bildungsredakteur der taz.
Irritierend ist nur, wie unbeirrt Schavan Elitenförderung in eigener Sache betreibt: Der Uni Düsseldorf verhängt sie kurzerhand einen Maulkorb, weil Details aus der Prüfung ihrer Arbeit durchsickerten. Ihre Parteikollegen dürfen derweil munter über die Hochschule herziehen. Als erstmals im Internet Zweifel an ihrer Doktorarbeit laut wurden, verweigerte die Ministerin jede Auskunft mit Verweis auf die Anonymität des Anklägers.
Dabei sind die Mängel ihrer Dissertation offenkundig, selbst wenn über ihre Schwere gestritten wird. Zu ihnen jedenfalls sollte sich eine Wissenschaftsministerin bekennen. Das würde zeigen, dass sie etwas dazugelernt hat in den letzten Jahrzehnten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“