Kommentar Anklage Gaddafi: Eine Warnung an Staatsterroristen
Internationale Haftbefehle demonstrieren den Anspruch der Opfer des Staatsterrorismus auf Gerechtigkeit. Selbst dann, wenn sie nicht vollstreckt werden können.
D er Haftbefehl des Haager Internationalen Strafgerichtshofs gegen Muammar al-Gaddafi, Saif al-Islam und Abdullah al-Senoussi sendet ein positives Signal aus.
Denn er ermutigt alle, die den schwierigen Kampf gegen die "Kultur der Straflosigkeit" führen, die nach wie vor in vielen Staaten verbrecherische Machthaber in Ruhe schlafen lässt. Amnesty International spricht von einem "impunity gap", der Kluft zwischen international gültigen Menschenrechtsstandards und der täglichen Praxis, sie ungestraft mit Füßen zu treten.
Internationale Haftbefehle des Haager Gerichts können, wie im Fall des sudanesischen Präsidenten al-Baschir, nicht vollstreckt werden, weil das nicht in der Macht der Anklagebehörde steht. Aber sie demonstrieren den Anspruch der Opfer des Staatsterrorismus auf Gerechtigkeit.
CHRISTIAN SEMLER ist Autor der taz.
Saif al-Islam hat dem Haager Gericht vorgeworfen, nichts als ein Instrument zu sein, das sich die Europäische Union zur Beherrschung Afrikas zugelegt hat. Auf der rechtlichen Ebene ist der Fall klar. Nicht die EU, sondern der Weltsicherheitsrat der UNO hat die Ermittlungen des Haager Gerichts gegen Gaddafi genehmigt, entsprechend der Satzung und übrigens einstimmig. Bei seiner Ablehnung des Haager Gerichts versucht Saif, sich auf das Argument "Ihr messt mit zweierlei Maß" zu stützen.
Tatsächlich: Wo zu starke Interessen "des Westens" im Spiel sind oder der Staatsverbrecher zu mächtig ist, unterbleibt jede Strafverfolgung. Auch lehnen Staaten wie die USA und China den Strafgerichtshof ab und schwächen damit seine universelle Geltung. Aber das sind keine Argumente gegen den Anspruch, Staatsverbrechen dort zu verfolgen, wo es schon jetzt möglich ist. Und vielleicht abschreckend zu wirken auf potenzielle Verbrecher.
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