Kommentar Andrea Nahles: Die geduldete Frau
Nahles ist in der SPD nur noch geduldet. Doch so sehr sie intern kritisiert wird, so unangefochten ist sie auf ihrer Position. Sie sollte deshalb jetzt die Ruhe bewahren.
E s ist gerade zwei Jahre her, da wurde Andrea Nahles als Teil einer Doppelspitze der SPD gefeiert. Sie wurde neben Sigmar Gabriel herausgehobene Generalsekretärin; Kronprinzessin auf Augenhöhe mit dem streitbaren Parteichef. Je näher die Bundestagswahl 2013 rückt, desto weniger ist davon zu spüren. Nahles ist nur noch geduldet. Warum ist das so?
Die Generalsekretärin hatte mit der Parteireform eine denkbar schwierige Aufgabe zu lösen, das Ergebnis ist relativ mau. Der große Wurf - die Beteiligung von Nichtmitgliedern an wichtigen Personalentscheidungen - ist missglückt. Zum einen deshalb, weil die SPD eine strukturkonservative Partei ist, in der die Genossen mit Streitlust reagieren, wenn es irgendwo nach dem Verlust von Macht riecht. Nahles hatte aber auch nicht die Möglichkeit, sich gegen die inneren Widerstände durchzusetzen: Sie war geschwächt durch permanente Kritik an ihrem Außenauftritt, an fehlender öffentlicher Präsenz.
Hinter diesen Kritikpunkten steht aber auch ein unterschwelliger Aspekt, der es Nahles schwer macht: Sie entspricht einfach nicht dem Typ Frau, der in der Männerpartei SPD gefragt ist. Nahles ist derbe im Auftreten, nicht zart. Sie krächzt bei einer Rede eher, als dass sie flötet, sie pocht auf ihr Recht, anstatt sich zurückzuhalten. Alles in allem: Nahles ist eine unbequeme Frau. Wenn man fast 150 Jahre alt ist, wie die SPD, fällt der Umgang damit offenbar schwer.
ist Parlamentskorrespondent der taz.
Für Nahles selbst heißt es nun Ruhe bewahren. Denn sosehr sie intern kritisiert wird, so unangefochten ist sie formal auf ihrer Position. Und sollte die SPD ab 2013 wieder regieren: An einer Ministerin Nahles führt kein Weg vorbei. Es würde zur zweiten Chance - in der sie sich neu beweisen könnte. Und dann auch müsste.
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