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Kommentar AltersarmutExtrasteuer für Wohlhabende

Barbara Dribbusch
Kommentar von Barbara Dribbusch

Die drohende Altersarmut verlangt nach neuen Verteilungsideen. Das Schweizer Modell könnte ein Vorbild sein. Dort zahlen die Reichen eine Art Extrasteuer für die ärmeren Alten.

D ie Sache ist einfach: Die Probleme der Alterssicherung werden sich in Deutschland zur entscheidenden Verteilungsfrage entwickeln. Dabei geht es nicht in erster Linie um die Verteilung zwischen Alt und Jung. Diese Polarisierung ist schon deswegen unzulänglich, weil jeder junge Mensch mal alt wird und dann auch jede Rentenkürzung zu spüren bekommt. Die entscheidende Frage lautet: Mit welcher Arbeits- und Beitragsleistung erwerbe ich einen Anspruch auf ein würdiges Altersruhegeld?

Bild: privat

Barbara Dribbusch ist Redakteurin für Sozialpolitik im Inlandsressort der taz.

Die Frage stellt sich den Jüngeren, denen allmählich dämmert, dass vor allem sie es sind, die Spätwirkungen der Rentenreform zu tragen haben. Im Jahre 2030 werden Leute, die heute 2000 Euro brutto verdienen, nach 37 Einzahlungsjahren rechnerisch nur gerade mal dasselbe gesetzliche Ruhegeld zur Verfügung haben wie Menschen, die nie Rentenbeiträge entrichtet haben und daher nur die Sozialhilfe im Alter, die Grundsicherung beziehen. Ist es also wurscht, ob ich arbeite und einzahle oder nicht? Diese Frage hat etwas Zerstörerisches. Deswegen hatte die CDU auf ihrem Parteitag in Leipzig schon vor Jahren einen Vorschlag gemacht: Dauereinzahler mit Kleinrente sollen 15 Prozent mehr Rente bekommen als die Sozialhilfe im Alter beträgt. Dabei soll aber das Ersparte der Kleinrentner gegengerechnet werden. Erst das Sparbuch plündern zu müssen, bevor man die Aufstockung kriegt - dieser Vorschlag befriedet nicht.

Man muss also eine breitere Verteilungsdebatte anstoßen und dabei sollte das Prinzip der Äquivalenz, also der Entsprechung von Ein- und Auszahlung, in Frage gestellt werden. Es führt kein Weg daran vorbei. Im oft zitierten Schweizer Modell etwa zahlen alle Verdienenden inklusive Arbeitgeberanteil rund zehn Prozent ein in die Rente, auch die Selbstständigen. Am Ende gibt es aber nur ein Ruhegeld bis zu einer bestimmten Maximalhöhe. Die Reichen zahlen somit eine Art Extrasteuer für die ärmeren Alten. In zwei Jahrzehnten droht vielen heute jungen Einzahlern in unserem Rentensystem die Altersarmut. Über solche Umverteilungen muss daher jetzt diskutiert werden. Nicht, um neue Sozialutopien an die Wand zu malen. Sondern um das Vertrauen der Jüngeren in unser Sozialsystem zu retten.

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Barbara Dribbusch
Redakteurin für Soziales
Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).
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