Kommentar Ägyptens Demokratiebewegung: Die Akteure werden vielfältiger
Die Weichenstellungen für die ägyptische Zukunft entscheidet nicht allein das Tauziehen der Protestierenden auf dem Tahrirplatz mit dem Militärrat. Es gibt inzwischen mehr Akteure.
D ie Weichenstellungen für die Zukunft des neuen Ägyptens entscheidet nicht allein das Tauziehen der Protestierenden auf dem Tahrirplatz mit dem Militärrat. Es sind gleich mehrere politische und gesellschaftliche Akteure, die derzeit Druck machen, um ihre Forderungen durchzusetzen.
So erfolgte die Änderung des umstrittenen Wahlgesetzes auf eine Boykottdrohung von 13 Parteien, die prompt von der Protestbewegung kritisiert wurden. Der Vorwurf: Wichtige Forderungen wie die Aufhebung des Notstandsgesetzes und die Abschaffung der Militärtribunale für Zivilisten seien nicht Teil der neuen Übereinkunft.
Dennoch ist die Gesetzesänderung, die auch sexuelle und ethnische Diskriminierung unter Strafe stellt, ein Teilerfolg.
BEATE SEEL ist Nahost-Expertin im Auslandsressort der taz.
Natürlich spielen die Tahrir-AktivistInnen, die oft genug mit ihren berechtigten Forderungen den Militärrat zum Nachgeben gezwungen haben, weiterhin eine wichtige Rolle. Effektiv haben sie sich bislang gegen die Versuche des Militärrats gewehrt, Kritiker mundtot zu machen. Und die Verfassungsdebatte steht erst noch bevor.
Aber es ist notwendig, den medial verengten Blick zu erweitern, denn andere Akteure sind - wieder - auf den Plan getreten. So kämpfen Arbeiter und Angestellte darum, die Günstlinge Mubaraks auf den leitenden Posten loszuwerden.
Neue unabhängige Gewerkschaften haben im September und Oktober Streikbewegungen für Lohnerhöhungen initiiert. "Brot und Würde" lautete schließlich eine wichtige Parole der Demonstrierenden Anfang des Jahres. Messlatte des Erfolgs ist nicht nur die Abschaffung der alten Strukturen, sondern auch die Revolution im Alltag, die Erfahrung, dass es im eigenen Leben konkrete Verbesserungen gibt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!