piwik no script img

Kommentar AdoptionsbetrügerAußerhalb des Rechts

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Die Waisenaffäre im Tschad schadet dem Ansehen Europas in Afrika nachhaltig. Kaum ist das Urteil gesprochen, will Sarkozy die Betrüger heimholen.

Bild: taz

DOMINIC JOHNSON ist Afrikaexperte der taz.

Gibt es in Afrika Sondergesetze für Weiße? Die Frage drängt sich auf, nachdem der Prozess um das französische Hilfswerk "Arche de Zoé" im Tschad mit Schuldsprüchen und drakonischen Zwangsarbeitsstrafen endete. Denn kaum sind die Urteile verkündet, wird in Frankreich darüber gesprochen, die Verurteilten, die tschadische Kinder gekidnappt hatten und sie als Darfur-Waisen nach Frankreich ins Adoptionsgeschäft einschleusen wollten, nach Hause zu holen. Das hat nichts mit der international üblichen Praxis zu tun, eine im Ausland verhängte Strafe im Heimatland abzusitzen - in Frankreich gibt es keine Zwangsarbeit. Worum es geht, hatte Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy schon kurz nach Beginn der Affäre um "Arche de Zoé" im Oktober klargemacht: Die festgenommenen Franzosen würden heimkehren, "egal was sie gemacht haben".

Die Wut, die diese Haltung im Tschad ausgelöst hat, wird in Frankreich und Europa unterschätzt. Nicht nur werden Weiße von vielen Tschadern seit Beginn der Waisenaffäre pauschal mit Kindesentführern gleichgesetzt. Die Selbstverständlichkeit, mit der sich manche Franzosen als außerhalb des tschadischen Rechts stehend betrachten, spricht auch europäischen Bekenntnissen zu Rechtsstaatlichkeit und guter Regierungsführung Hohn. Dabei sind dies zentrale Teile des entwicklungspolitischen Diskurses gegenüber Afrika.

Wen wundert da die Skepsis, mit der Demokraten im Tschad und in der Zentralafrikanischen Republik der geplanten europäischen Eingreiftruppe an den Grenzen dieser Länder zu Sudan gegenüberstehen? Die offene Ablehnung der Regierung des Sudan gegenüber westlicher Einmischung im Darfur-Krieg? Das Erstarken von al-Qaida in den Maghreb- und Sahelstaaten? Die Ermordung von vier französischen Touristen in Mauretanien durch mutmaßliche algerische Islamisten zu Weihnachten? Überall in der Europa zugewandten Nordhälfte Afrikas mehren sich solche gefährlichen Signale. Sarkozy und die Betrüger von "Arche de Zoé" sind im Begriff, einen riesigen Schaden anzurichten.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • K
    K.H.

    Ach so, dann ist dann natürlich was anderes!

    Dann ist das legitim Kinder aus ihrem Umfeld zu reissen und sie in die Hände reicher, kinderloser Europäer zu übergeben.

    Unglaublich!

    Wie wäre es die reichen, kinderlosen Europäer würden sich dahingehend engagieren, den Kindern in ihrer Heimat ein besseres Leben zu ermöglichen und somit auch die Lebenserwartung im Kreis ihrer Familie zu verdoppeln!

  • JV
    Jorge Videira

    Da ich selber Afrikaner bin, kann ich diesen Kindern nur wünschen, dass sie Afrika so schnell wie möglich verlassen können. In Europa haben sie zumindest eine doppelte so lange Lebenserwartung als in ihrer Heimat und wesentlich bessere Ausbildungs- und Aufstiegchancen. Auch dürfte dem sogenannten Afrikaexperten Dominic Jonson klar sein, dass keiner 8 Jahre Zwangsarbeit im Tschad überlebt