Alibi – von alius: ein anderer. Das A. ist "der Beweis oder Nachweis dafür, dass eine verdächtige Person [...] als Täter nicht in Frage kommt."
Gut, dass Hilal Sezgin keine Juristin ist. Sie müsste sich sonst fragen lassen, wie sie es hält mit den Be- bzw. Nachweisen. Dass die Bundes-CDU zum Beispiel nicht frauenfeindlich ist, schließt sie messerscharf daraus, dass ihre Thüringer Tochter medienwirksam die NPD verklagt. Warum? Weiß sie nicht, dass Klagen hierzulande konkret sein und eine persönliche Schuld betreffen müssen?
Ja, die Thüringer CDU macht feine Unterschiede zwischen Schwarzen und Schwarzen. Wer sich vor ihren Karren spannen lässt, darf den Grund für eine im Wahlkampf geschickt zu platzierende, wenn auch aussichtslose Klage abgeben, bevor er wieder in der medialen Versenkung verschwindet. Wer sich allerdings gegen ihre mit Schneid praktizierte Ausländerpolitik wendet, der wird vor die Tür gesetzt. Teile und herrsche.
[...]
Gut, die Thüringer CDU hat bis zum NPD-"Skandal" nicht mit dem braunen Hintern von Herrn Schall geworben, sondern mit seinem Gesicht. Das ist eine Tolle Leistung für eine konservative Partei. Vor allem angesichts der Tatsache, dass einzelne (vormals bündnisgrüne) CDU-Politikerinnen den endgültigen Durchbruch neuerdings mit ihrem Busen zu schaffen wild entschlossen sind. Frau Sezgin jedenfalls ist begeistert. "CDU Thüringen sticht Grüne NRW", schreibt sie, und das klingt wie: "Basketballer besiegen Tischtennisspieler mit 2:0".
Thüringer Lehrer müssen einstweilen weiter Kinder vermeintlicher Sans papiers "nach oben" melden, auf dass die auf strikten politischen Befehl der CDU handelnden Vollzugsorgane der Eltern habhaft werden können. Nein, nicht zwecks Integration. Nur zum Zwecke der Abschiebung. Kein Problem, so lange die Partei nur auf Zucht und Ordnung hält und ihre (männlichen) Mitglieder Frauen nicht mit Sex in Verbindung bringen? Und überhaupt: Wieso lassen diese dämlichen Migranten sich nicht auch einbürgern? Dann könnten ihre Kinder die Schule besuchen und später, wenn sie gar fleißig waren, für die taz schreiben. Ja, warum eigentlich? Frau Sezgin sollte mal jemanden fragen, der sich mit derlei Dingen auskennt.
Hilal Sezgin hat Mitleid mit den Menschen, die sich durch Sprache (in Bild und Ton) verletzt fühlen. Ihnen gesteht sie zu, dass ihre Gefühle die Realität spiegeln. Für die allerdings, mit denen gar nicht erst geredet wird (weder in Bild noch in Ton), sondern denen man gleich mit ganz und gar nackter, allerdings rundum demokratisch verbrämter Gewalt begegnet, hat sie weniger von ihren großen Gefühlen übrig. Diese Menschen zählen offenbar überhaupt nicht für sie.
Erst kommt das Fressen, dann die Moral, sagen die Materialisten. In diesem Fall bin ich einer von ihnen. Mögen die Idealisten dem (heiligen) Geist die Priorität einräumen. Ich glaube daran, dass ein Durchschnittsmensch, der Angst um die bloße Existenz haben muss, keine Politik machen kann. Für Frauen nicht, für Migranten nicht und auch sonst für nichts und niemanden. Ein Durchschnittsmensch, der Angst um die bloße Existenz haben muss, kann höchstens Gewalt. Gewalt aber lehne ich ab.
Wissen Sie was, Frau Sezgin? Es ist schon lange kein Gott mehr dazwischen gefahren, wenn Väter ihre Söhne zur Schlachtbank geführt und da das Messer angesetzt haben. Gott nämlich wurde auf geheiß der Gläubigen abgeschoben. Seither müssen wir Menschen selber denken. Ich finde, es könnte nicht schaden, wenn wir langsam damit anfangen würden.
***Anmerkung der Redaktion: Dieser Kommentar wurde im Nachhinein um zwei Absätze gekürzt, in denen die Autorin des kritisierten taz.de-Artikels, Hilal Sezgin, in unangemessener Weise geschmäht wurde. Auf diese Passagen beziehen sich auch einige der folgenden Kommentare.
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