Kolumne press-schlag: Immer weiter aufwärts

Mitte der zweiten Saison des Eidgenossen in Berlin sind sich alle einig: Lucien Favre hat was drauf.

Im auch gern mal für seine wenig zurückhaltende Polemik bekannten TV-"Fußball-Stammtisch" "Doppelpass" fiel am Sonntag nebenbei ein relativ interessanter Satz: "Im Gegensatz zum HSV gewinnt Hertha solche schwierigen Spiele, auch am Freitag in Bielefeld haben sie ja nicht verloren." Selbst vom sonst fast gezwungenermaßen Widerworte gebenden Udo Lattek war da kein Widerspruch zu hören.

Die Selbstverständlichkeit, mit der die Entwicklung des Hauptstadtklubs, momentan auf Platz zwei, betrachtet wird, überrascht nicht nur den Laien. Dieselbe Hertha, die am Ende der letzten Spielzeit noch auf Platz zehn versauerte, spielt nun anscheinend ernsthaft um das große internationale Geschäft mit - es läuft überraschend gut mit dieser jungen und trotzdem schon ziemlich abgeklärt wirkenden Mannschaft.

"Wir müssen das 1:1 akzeptieren," so Herthas immer irgendwie unzufrieden wirkender Coach Lucien Favre nach der freitäglichen Partie in Bielefeld. Bei einem Sieg wäre man gar Tabellenführer geworden. Das Anspruchsdenken ist mit dem neuen und unerwartet zeitnahen Erfolg ein anderes geworden. Wer kann sich heute noch vorstellen, dass die Berliner immer noch so artig in München den Bayern und dem großen Manager-Bruder Uli die drei Punkte auf dem Silbertablett servieren würden? "Gratulation an die Bayern. So ein deutliches Spiel habe ich selten gesehen", applaudierte Herthas Kapitän Arne Friedrich dem Rekordmeister, als man den Münchnern im Hinspiel in der Allianz Arena beim Fußballspielen zusehen durfte und fast schon demütig ein 1:4 erlebte. Am nächsten Wochenende wird man schon aus einem eher deutlichen Grund solche Sätze nicht hören: Das Spiel findet nicht in München statt, sondern in Berlin. Doch selbst der den Berlinern eher nicht zugeneigte Beobachter muss den imaginären Hut zumindest ein wenig zurechtrücken ob der Entwicklung dieser Mannschaft, die von den wolkenkratzerhohen Erwartungen der nach Glanz und Erfolg lechzenden Hauptstadt oft so ziemlich in den Schwitzkasten genommen wurde.

Erinnert sich denn eigentlich noch jemand daran, dass der plötzliche Erfolgstrainer Favre schon kurz nach Beginn seiner Amtszeit 2007 wieder hinschmeißen und zurück in die heimeligere Schweiz wollte? Schließlich sah es damals nun wirklich nicht so aus, als könnte der 51-Jährige an seine zwei Meisterschaften mit dem FC Zürich nahtlos in der Bundesliga anknüpfen.

Jetzt, anderthalb Jahre, eine mäßige erste Saison und eine nun bisher vorzügliche zweite später, scheint es, als könnte man sich auf einen wirklich längeren Verbleib des Schweizers in der Fußball-Bundesliga einstellen.

DAVID DIGILI

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