Kolumne press-schlag: Nichts gegen Hertha und den VfL!
Die Bundesliga ist eine laute Gute-Laune-Maschine, sie genügt sich selbst. Aber genügt sie auch internationalen Ansprüchen?
Andreas Rüttenauer ist Redakteur im taz-Ressort Leibesübungen.
Es wird ernst. Hertha BSC Berlin könnte Meister werden. Auch der VfL Wolfsburg will sich nicht abhängen lassen. Geht die Schale in die Autostadt? Das finden viele gar nicht witzig. Sie haben Angst. Sie denken an die nächste Saison - an den Europa-Pokal. Was sollen die da? Hertha spielt überaus organisiert. Das ist in Ordnung. In Wolfsburg hat Felix Magath eine Mannschaft gefunden, die weiß, wie sie den Ball laufen lassen soll, die sich in der Bundesliga gegen beinahe jede Mannschaft ansehnlich bis zur gegenerischen Grundlinie durchkombinieren kann. Und dann gibt es da ja auch noch die Stürmer. Die sind derzeit in der Liga überragend. Sie heißen: Voronin, Dzeko oder Grafite. Sie werden längst als meisterhaft bezeichnet. Aber sind sie das wirklich?
Die Bundesliga ist ein abgeschlossenes Universum. Die fast immer vollen Stadien werden nicht leerer - das kann nicht einmal die große Krise ändern. In beinahe jeder Arena, an beinahe jedem Spieltag wird eine Love Parade für den deutschen Fußball gefeiert. Die Liga ist eine laute Gute-Laune-Maschine. Sie genügt sich selbst. Genügt sie aber auch internationalen Ansprüchen? Das Ausscheiden des VfL Wolfsburg im Uefa-Pokal gegen Paris St.-Germain, eine von ein paar sehr alt gewordenen Fahrensmännern angeführte Nachwuchsmannschaft, es war der Ausweis internationaler Unreife. Es war eine Blamage, die am nächsten Ligaspieltag schon wieder vergessen war.
Und was ist davon zu halten, dass einer wie Andrij Voronin die Liga regelrecht aufmischt? Der hat in der letzten Saison 19 Mal für den FC Liverpool gespielt, selten richtig gut und meistens weit weniger als 90 Minuten. So schlecht wurde er von seinem Trainer bewertet, dass er in dieser Saison ganz ohne ihn geplant hat. Im Winter wurde er nach Berlin ausgeliehen. Dort sucht man nun nach Sponsoren, die für einen Vertrag mit Voronin tief in die Tasche greifen. Zu lesen war, dass der Ukrainer vier Millionen Euro Gehalt will. Voronin kennt die Scheinwelt Bundesliga. Er weiß, nachdem er in England grandios gescheitert ist, dass in keiner anderen Liga der Erde so viel zu holen ist für einen, der seine besten Tage wahrscheinlich lange hinter sich hat. Sogar die Meisterschaft kann er mit entscheiden in Deutschland. Nicht auszuschließen, dass er noch einmal kräftig kassiert, bevor er sich in der Champions League mit seinem Klub blamiert.
Die Bundesliga macht immer noch irrsinnig gute Geschäfte. In der vergangenen Saison, das wurde diese Woche vermeldet, setzte sie 1,3 Milliarden Euro um. Und immer noch nicht kann man sich vorstellen, dass ein deutscher Spitzenklub wie Wolfsburg oder Hertha Europa aufmischen kann. Nichts gegen Berlin, nichts gegen den VfL! Auch von den Bayern kann man sich das nicht vorstellen. ANDREAS RÜTTENAUER
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