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Kolumne WortklaubereiMachts gut, ihr Trottel!

Kolumne
von Josef Winkler

Manchmal könnte man glatt den Eindruck gewinnen, für dumm verkauft zu werden.

J essas! Gerade hab ich am offenen Fenster sitzend aus selbigem gestarrt, hier in meiner Parterrewohnung, mit leerem Blick einem Satz hinterherüberlegend, und in dem Moment parkte ein Auto ein, direkt vor mir. Ein rundum unauffälliger Wagen und zwei düster und, ja, etwas roh wirkende Männer darin, der Beifahrer telefonierte gerade irgendwas offenbar Stressiges am Handy.

Ich glotze ihn gedankenverloren an, die Hand auf der Laptop-Tastatur, wie er aussteigt, seine Tasche rafft, angespannt, immer noch telefonierend, fange einen verhuschten Gesprächsfetzen auf, der sich in meinen Ohren anhört wie "hes dangerous" - und in dem Moment dreht der sich rum und unsere Blicke treffen sich. Mein belämmerter und sein stechender, der fragt, was es hier zu glotzen gibt.

Jetzt hab ich natürlich Angst, dass das irgendein Gangsta-Ding war, dass der meint, ich hab ihn belauscht und was Entscheidendes mitgehört - wo ich doch nur einen Satz für die taz-Kolumne kontempliert hab! - und später vorbeikommen wird, um mich abzumurksen. Und das alles mitten in Haidhausen! Das muss man sich mal vorstellen.

Bild: privat

Josef Winkler lebt und arbeitet, was sein Nervenkostüm und Zeitbudget nicht unerheblich in Anspruch nimmt, in München und Palling. Hobbies: Zeichnen, Tiere, Musik, Nichtschwimmen.

Der Satz, dem ich nachschmeckte, ist schon von letzter Woche, aber weiterhin geeignet, mir das Hirn glitschig und den Blick tranig zu machen. Er fiel in den Radionachrichten und lautet: "Merkel verabschiedet sich mit positiver Bilanz in den Urlaub." Der Satz ist in seiner nüchternen Aussage auf diversen Ebenen so durchgeknallt, dass er mich fasziniert. I cant get my head around it, wie der Engländer sagt. Immer wieder habe ich dabei Homer Simpson vor Augen, mit seinem präpotent-dümmlichen "Machts gut, ihr Trottel!", ab durch die Mitte und tschüss! Aber das kann doch nicht die Haltung der Regierenden sein, sonst müsste man als Regierter ja verzagen, sich ins Private zurückziehen oder gar selbst in die Politik gehen, wenn nicht in den Untergrund. Vielleicht sollte ja der Satz bzw. der ihm zugrunde liegende Auftritt der Kanzlerin vielmehr ein ermutigendes Signal senden: Wenn die Merkel (!!!) sich im Sommer 2010 (!!!) mit einer positiven Bilanz (!!!) in den Urlaub verabschiedet, dann ist ALLES möglich, yeah! (Na? Spüren Sie, wenn ich das so hinschreibe, einen erhebenden Impuls in sich? Ich nämlich grad nicht. Hm.)

Man darf gespannt sein, mit welcher Bilanz sich wohl dieser Tony Hayward von seinem BP-Chefsessel verabschieden wird. Dessen bevorstehender Abgang ist ja in der vergangenen Woche wie weltbewegende News behandelt worden, weils ja für die Börse total wichtig ist zu wissen, um gegebenenfalls "nervös" darauf zu reagieren, welches Miststück gerade aus welchem Führungsposten abhaut bzw. verjagt wird. Man hörte, Hayward "verhandle die Bedingungen seines Ausscheidens". Die spannende Frage: Kriegt er 500 Arschtritte oder nur 470 Arschtritte? Nein, richtig getippt: 14 Millionen. Euro, nicht Arschtritte. Man darf wohl davon ausgehen, dass seine Bilanz ganz hervorragend sein wird.

Verdammt. Die Männer sind zurück. Roh wirkend steigen sie in ihr unauffälliges Fahrzeug, parken aus und fahren weg. Aber mir machen die nichts vor.

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3 Kommentare

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  • Z
    Zylex

    Nett zu lesen, ich würd mir ne Videocam vor die Haustüre bauen *g*

     

    so long, suckers :-)

  • V
    vic

    Ob wir Merkel wohl auch für 14 Millionen rauskaufen können?

    Sind ja Peanuts irgendwie. Wir sollten mal drüber reden.

  • M
    Mac-Lennox

    Wenn ich den Namen Tony Hayward höre, kommt mir unweigerlich das FDP-Gedöns in den Sinn: "Leistung muss sich wieder lohnen!"

     

    Hayward verantwortet den größten ölteppich seit Menschengedenken. Er vollbrachte eine gigantische Leistung. Daher sind 14 Millionen Pfund (oder Euro?) doch nun wirklich Peanuts. Der Mann hat mindestens 1,4 Milliarden Pfund verdient. Und die 470 oder 500 Arschtritte bekommt in diesem Fall der amerikanische Steuerzahler verpasst. Mit der Stiefelspitze bis zum Anschlag!