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Kolumne Wir retten die WeltImmer was zu meckern und zu hoffen

Bernhard Pötter
Kolumne
von Bernhard Pötter

Es gibt Leute in der Ökoszene, die haben es sich in ihrer privaten Apokalpyse bequem gemacht. Wehe, man kommt ihnen mit etwas Zuversicht.

Monster-Erfolg: Biblis wird irgendwann zur grünen Wiese Foto: dpa

S onntagabend, Kino Moviemento 2, Berlin-Kreuzberg. Das Licht geht an, der Film ist aus. „Guardians oft he Earth“ hat uns vor Augen geführt, wie heikel, ermüdend und erhebend es sein kann, die Welt zu retten. Die Dokumentation des Regisseurs Filip Antoni Malinowski zeigt, wie hinter den Kulissen das Pariser Abkommen zum Klimaschutz zustande kam: Wie Öl- und Kohlestaaten alles bremsten, wie der Konferenzpräsident Laurent Fabius die Fäden zog, wie sich die Inselstaaten völlig überraschend ihr Ziel durchsetzten, den Klimawandel auf 1,5 Grad beschränken zu wollen. Es ist ein optimistischer Film, zumindest teilweise. Der Untertitel: „Als wir entschieden, die Erde zu retten.“

Es folgt: Die Diskussion mit Experten und Publikum. Tenor: Alles Mist. Klimaschutz? „Steht alles nur auf dem Papier“, „in der Realität hat sich nichts getan“, „die Versprechen gebrochen“ und Trump hat sowieso den Stecker gezogen.

Die dunkle Wolke der Depression in Kino 2 wird so dicht, dass ich zusehe, wie mein Arm sich zu einer Wortmeldung hebt. Und ich mir erstaunt zuhöre, wie ich vor „typisch deutschem Pessimismus“ warne. Das Abkommen sei ein historischer Erfolg, wenn auch nicht ausreichend, und bei den Investoren in der Realwirtschaft sehr wohl angekommen.

Das Publikum hört das nicht gern. „Wir sind keine Kinder, uns kann man Realismus zumuten“, sagt jemand. Und zischt mir beim Rausgehen zu: „Das war ja mal wieder ganz schwach von der taz“.

Linke und Ökos reden ihre Erfolge gern klein

Tja. Ich hätte auch nicht gedacht, dass ich mal gegenüber einem Öko-Publikum die Kapitalinteressen als Fortschritt preisen würde. Aber ich hätte auch nicht vermutet, wie hartnäckig sich die Kreuzberger Mischung dieses Abends an ihre selbstgeschneiderte Vorstellung der Apokalypse klammert.

Linke und Ökos sind traditionell ganz groß darin, ihre Erfolge kleinzureden. Kein Wunder. Es gibt ja immer was zu meckern. Selbst Etappensiege werden nicht gefeiert, weil die Gesamtrettung der Gesamtwelt noch auf sich warten lässt. Atomausstieg? Zu langsam. Revolution der Erneuerbaren? Da fehlt ein Masterplan. Mülltrennung? Deutsche Spießigkeit. Luft wird sauberer? Diesel stinken immer noch. Badeseen haben gutes Wasser? Trinken kann man es trotzdem nicht.

Wir Journalisten sind kräftig dabei. Immer auf der Suche nach dem Haar in der Suppe. Und es ist schwer, die Balance zwischen Realismus und Pessimismus zu halten. Eine aktuelle Studie in „Nature Energy“ argumentiert etwa, dass das 1,5-Grad-Ziel, das inzwischen als praktisch unmöglich gilt, durchaus machbar wäre: Wenn sich nur in großem Stil hocheffiziente E-Mobile, neue Smartphones und „Teilen statt Herrschen“ bei Autos und Geräten durchsetze. Was machen wir mit so einer Meldung? Ist das nun unrealistischer Optimismus oder sind wir visionslose Pessimisten, die sich dem „Yes, we can!“ verweigern? Hat es schon mal eine Revolution gegeben ohne die Hoffnung auf eine bessere Welt?

Zu Beginn der Öko- und Friedensbewegung hieß es oft: „In diese Welt kann man keine Kinder setzen!“. Schaue ich mich heute um, haben sich viele Umweltbewusste daran nicht gehalten. Ab und zu tut eine leicht rosa getönte Brille offenbar ganz gut.

Man muss es ja nicht so plump machen wie letztens der EU-Klimakommissar Miguel Canete: Bei der Vorstellung der neuen Klimaschutzmaßnahmen im Verkehr sagte er: „Manche werden finden, das Glas ist halb voll, andere werden sagen: halb leer.“ Und er hob sein Wasserglas. Das war höchstens zu 20 Prozent gefüllt.

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Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).
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2 Kommentare

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  • Im Großen und Ganzen sind Erfolge, die mit kleinen Schritten erlangt werden respektabel, aber gerade beim Klimaschutz reicht das nicht aus, denn es wurde bereits viel zu lange gewartet um wirkliche Erfolge zu erzielen.

     

    Solange die Politik, sei es auf EU Ebene oder in der deutschen Politik, mehr auf die Belange der Wirtschaft und der Industrie achtet, als auf das, was wirklich notwendig ist, werden keine wirklich sichtbare Erfolge erzielt!

     

    Selbst die Banken haben ein Problem damit Klimarelevante Innovationen zu unterstützen, in dem sie Start Ups in diesem Bereich Kredite verweigern trotz guter Marktaussichten!

     

    Die Politik muss sich unbedingt von den Vorgaben des Kapitals distanzieren, um eine Klimapolitik zu gewährleisten, die nicht auf Kommerzialität ausgelegt ist.

    Leider kann man das nicht von der jetzigen GroKo erwarten, denn hier sitzen viel zu viele Lobbyabhängige Akteure in wichtigen Positionen.

    Denen geht es eher um ihr Einkommen und ihren Machterhalt, welches man schon sehr deutlich am Abgasskandal it den Dieselfahrzeugen sehen kann.

     

    Hier kann man auch bestens verfolgen, dass es der KFZ Industrie ziemlich egal ist, bereits des Betruges überführt zu sein, so wie man zur Zeit bei Audi und Daimler sehen kann.

    Trotz der bereits laufenden Ermittlungen wird von beiden Herstellern weiterhin Betrugs Software verbaut.

    Es ist doch total ermüdend, der Politik dabei zuzusehen, wie sie weiterhin versucht diese Hersteller zu schützen, obwohl sie sich weiterhin keinen Deut darum scheren, welche Vorgaben laut Gesetz zu erfüllen sind.

     

    Solange die LOBBYISTEN noch in der Lage sind an Texten zu Gesetzen zum Klimaschutz mitzuschreiben, wird sich nicht viel ändern, wenn dann eben nur in den kleinen Schritten, die der Wirtschaft und der Industrie gerade noch genehm sind, die Regierungen spielen da doch nur noch eine untergeordnete Rolle.

     

    Wie man erkennen kann wäre es wohl richtig, wenn von den Protagonisten auch kleine Erfolge gefeiert werden, um zu zeigen es geht noch was!

  • Wir schaffen es nicht. Aber probieren wir es doch trotzdem. Es gibt wenig Schöneres.