Kolumne Unbeliebt: Zerstoiberin und Gutt

Eine neue Partei? Was Guttenberg und Gabriele Pauli gemeinsam haben und was er von ihr lernen kann.

Die Politikerin Gabriele Pauli ist noch immer nicht bei sich selbst angekommen. Zwar hat sie sogar die Freie Union verlassen, die sie 2009 im Münchner Hofbräukeller gründete, nachdem es erst mit der CSU zu schrecklich geworden war und dann mit den Freien Wählern zu mühselig. Aber im Landtag sitzt sie noch, fraktionslos, und dieser Tage stiftet sie Verwirrung, indem sie verbreitet, Abgeordnete wollten eventuell ihre Fraktion verlassen.

"Hier ist Frau Pauli", meldet sich eine freundliche Stimme am Telefon. Ich möchte sie zum Gerede um eine neue Partei befragen, Guttenberg hat es in Gang gesetzt mit seinem Comeback-Bombast, und anschließend ermittelte Infratest dimap, dass jeder Fünfte so eine Partei wählen würde. Obschon Hans-Olaf Henkel klargestellt hat, dass er Guttenberg für eine neue Partei nicht brauchen kann, sondern Merz, Clement oder Sarrazin lieber hätte.

Pauli hat das alles gehabt, Austritt, Neugründung, Austritt. Sie sagt, dass die großen Parteien die Regeln für neue Parteien machten. Sie besetzten den Ausschuss, der über die Wahlzulassung bestimmt. Die Freie Union und auch sie selbst müssten eigentlich heute im Bundestag sitzen, sagt sie. Allerdings habe der Bundeswahlausschuss 2009 die Freie Union in rechtswidriger Weise nicht zur Wahl zugelassen. Deshalb läuft ja ihre Klage vor dem Verfassungsgericht.

Sie will mehr sein. Erfolgsfrau. Spitze. Sie haben ein ähnliches Schicksal, Guttenberg und Pauli. Von Talenten sind sie zu Stars geworden, bunter als der Rest, sie profilierten sich gegen die Mehrheit, wurden beliebt.

Und unbeliebt, als die Inszenierung, die Verkleidung, die Geschwindigkeit einen so großen Teil ihres politischen Daseins ausmachte, dass sie die Dinge nicht mehr kontrollieren konnten.

Motorradbraut, schöne Landrätin, CSU-Rebellin, Zerstoiberin, Diva, Latex, Blau-Weiß, Gaga.

Freiherr, Times Square, KT und Stephanie, Advent im Krieg, Power, Gutt, Dr. Googleberg.

Ich versuche eine News zu produzieren.

Frau Pauli, wie finden Sie Guttenberg? "Er führte während seiner Bundesministerzeit durch sein charismatisches Auftreten und reformerisches Denken. Es muss doch auch für ihn die Möglichkeit der Rehabilitation und Rückkehr in die Politik geben."

Was raten Sie Guttenberg? "Von Guttenberg sollte berücksichtigen: Man verschleißt sich schnell beim formalen Aufbau und die etablierten Parteien versuchen zunächst verdeckt und dann mit aller Macht, das Heranwachsen neuer politischer Kräfte zu verhindern.

Vorteilhaft wäre für ihn daher, mit einer bereits bestehenden kleinen Partei voranzugehen, die schon das organisatorische Fundament und das wegweisende Programm hat, das zu ihm passt." Welche? "Die Freie Union wäre eine geeignete Plattform für von Guttenberg." Würden Sie wieder eintreten? "Wenn sich Guttenberg dazu entschließt, würde ich mir eine Zusammenarbeit überlegen."

Sie macht mein Spiel mit. Ex-CSU-Rebellin bietet Guttenberg Zusammenarbeit an. Ich habe kurz ein schlechtes Gewissen.

Im April hat Gabriele Pauli eine Haushaltsrede gehalten. Das Wort Gefühl fiel sehr häufig, sie klagte über die "Abwesenheit eines liebevollen und auch letztendlich göttlichen Gedankens und des Glaubens". Man kann sich das bei Youtube ansehen, 4:13, es wirkt traurig auf mich. Aber dann denke ich: Es kann auch ein guter Moment gewesen sein. Wenn das sie selbst war.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.