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Kolumne TaschengeldWestmark versenkt

Anja Maier
Kolumne
von Anja Maier

Ich war jung, er sogenannter Finanzberater. Damals wollte er mein Geld, jetzt sitzt er in Jauchs Talkshow: Ein Wiedersehen mit Carsten Maschmeyer.

Die Haut spannt im Scheinwerferlicht: Carsten Maschmeyer. Bild: dpa

V or einer Woche habe ich Carsten Maschmeyer wiedergesehen. Wir hatten in den Neunzigern geschäftlich miteinander zu tun. Ich gab ihm Geld, er versenkte es. So sah es der Vertrag zwischen mir, einer naiven Mittzwanzigerin aus dem Osten, und ihm, dem schnauzbärtigen AWD-Chef, vor.

Sieben Jahre lief das so: Am Monatsersten zog Carstens Finanzdienstleistungsunternehmen 100 Westmark ein. Zum Jahresende erhielt ich einen Brief, in dem sinngemäß stand, alles laufe immer schlechter – deshalb sei es wieder nichts geworden mit den 7 Prozent Zinsen.

Nun also sah ich ihn. Er saß bei Günther Jauch in der Talkshow, es ging um die Gehaltshöhe für Manager und Aufsichtsräte. Wir waren beide älter geworden. Carsten aber hatte sichtlich was für sein Äußeres getan. Er hatte den Bart abrasiert, seine glatte Gesichtshaut spannte im Scheinwerferlicht. Die Ohren, dachte ich, saßen die damals schon so weit hinten?

Bild: privat
ANJA MAIER

Die Autorin ist Redakteurin im Parlamentsbüro der taz. Ihre Kolumne „Taschengeld“ erscheint alle vier Wochen in der sonntaz. Das Wochenendmagazin ist am Kiosk, e-Kiosk und im Wochenendabo erhältlich.

Zum Thema Managergehälter trug er zwei schöne Sätze bei: „Wo Ausnahmeleistungen möglich sind, muss auch ausnehmend bezahlt werden können.“ Sowie: „Wenn Manager ein tolles Produkt entwickeln, das sich gut verkauft, sollen sie auch entsprechend entlohnt werden.“ Ganz der Alte.

Ach schön, dass ich nicht mehr sauer bin. Anders als bei Vertragsende. Nach den sieben Jahren Laufzeit hatte ich von Carstens AWD weniger Geld zurückbekommen, als ich eingezahlt hatte. Ich schrieb einen Brief, in dem ich den AWD allgemein unflätig beschimpfte, aber nicht das Naheliegende tat – mit rechtlichen Schritten zu drohen oder sie zu gehen. Jahre später erfuhr ich, dass der AWD Tausende Kleinsparer über den Löffel gezogen hatte. Heute weiß ich: Ich kann froh sein, überhaupt Geld zurückbekommen zu haben.

Von den 7.000 Mark kaufte ich einen gebrauchten Renault, dessen Zahnriemen nach zwei Monaten riss. Ich zahlte 2.000 Mark Reparaturkosten und verbuchte das Ganze als Lehrstunde in „Einführung in die politische Ökonomie des Kapitalismus“. Möglicherweise, dachte ich, hatten die Marxismus-Leninismus-Dozenten in Ostberlin doch recht damit gehabt, dass dem Kapitalisten der Mensch wurscht sei, solange er brav der Vermehrung des Kapitals diene.

Nie, nie wieder würde ich mir, erstens, einen Renault kaufen. Oder, zweitens, einen sogenannten Finanzberater in meine Wohnung lassen, um einen 50 Seiten starken „Finanzoptimierungsplan“ zur Unterschrift vorgelegt zu bekommen. Sogar Maschmeyer hat seinen AWD verkauft. Sein Vermögen wird auf 650 Millionen Euro geschätzt.

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Anja Maier
Korrespondentin Parlamentsbüro
1965, ist taz-Parlamentsredakteurin. Sie berichtet vor allem über die Unionsparteien und die Bundeskanzlerin.
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23 Kommentare

 / 
  • IN
    Ihr NamC. Rosenbaum

    Ich war auch naiv und hab mich dort mal beworben, dankenswerterweise habe ich sofort gemerkt was für schmierige Typen da rum laufen

  • D
    dus_ber

    ich muss gestehen, dass ich die Visage von Herrn M. nicht ertrage, und ich ertrage nicht, dass jemand, der mit zwielichtigen Geschäften und Abzockerei ein Vermögen gemacht hat, ein Podium im öffentlich rechtlichen Fernsehen bekommt.

     

    das verstärkt meine These, dass das ganze System korrupt ist. die These besagt auch, das sich Gesundheitswesen und ÖRF zu Perpetua mobilia entwickelt haben, die sich selbst tragen. ein Faszinosum, gäbe es nicht diesen Inzest innerhalb der Systeme.

     

    Und das ertrage ich nicht nur nicht, das widert mich an!

  • S
    Sandra

    Das einzig interessante an der genannten Jauch-Sendung waren die kompetenten Beiträge von Frau Wagenknecht, bei denen die Herren mal wieder sichtlich geistig nicht mithalten konnten.

     

    Auch Herr Jauch wäre besser bei seinen dämlichen Quiz-Sendungen geblieben, anstatt sich im Politik-Talk

    wichtig zu machen.

     

    "Ausnahemleistungen" gibt es doch bei Managern in Deutschland gar nicht. Die ruinieren doch alles und gehen dann mit einer fetten Millionen Abfindung nach Hause. Manche tauchen immer wieder auf und ruinieren weiter siehe Mehdorn. man wird diese Abzocker- Typen einfach nicht los. Weil wir ein alte Männer Polit-Mafia-System haben.

     

    Maschmeyers Frau Ferres ist wirklich erschütternd talentfrei, ebenso wie diese nervige Christine Neubauer. Beide haben offenbar ein Dauerabo für die Primetime im schlechten deutschen Fernsehen.

    Ich will stattdessen gute, informative Dokumentarfilme sehen !

     

     

     

    Neoliberaler Phrasendrescher Maschmeyer:

    „Wo Ausnahmeleistungen möglich sind, muss auch ausnehmend bezahlt werden können.“ Sowie: „Wenn Manager ein tolles Produkt entwickeln, das sich gut verkauft, sollen sie auch entsprechend entlohnt werden.“

  • E
    elmar

    das ist alles so GEMEIN, was hier gegen carsten

     

    maschmeyer getext wird.

     

    er ist ein HELD DER ZEITGESCHICHTE

     

    wir erleben gerade seit einigen jahre eine schwere wirtschaftliche krise

     

    Und menschen wie carsten maschmeyer haben sie

    erst möglich gemacht . . . .

  • IN
    Ihr Name hmhm

    @ TeufelsAdvokat

     

    war tatsächlich mal der fall, bundesschatzbriefe bis zu 8%, sparkassen-festgeldanlagen ebenfalls, also nicht wirklich unrealistisch vor etwa 20 jahren +-

  • M
    mrs.pock

    für mich ist frau ferres endgültig unten durch, seit sie mit dem "arscheimer" zusammen ist. nie wieder ein film mit ferres! so wie der lauterbach und seine "schenni" - den kann ich auch nicht mehr ertragen seitdem. man kann einfach gar nicht so viel zu sich nehmen, wie man vomittiern muß beim deutschen fernsehen!

  • FF
    Fischers Fritze

    Liebe Frau Maier, bitte haben Sie Nachsicht mit dem Herrn Maschmeyer, der wollte schon immer ganz hoch hinaus und er wollte immer eine ganz berühmte Frau an seiner Seite. Nun ist aus letzterem nichts geworden und er muss sich mit der Vroni zufrieden geben. Was meinen Sie, was für stattliche Summen deren Unterbringung in Hollywoodfilmen kosten wird? Da braucht der Herr Maschmeyer wirklich jeden Cent! Und genau genommen tun Sie mit ihrem Geld auch etwas für die deutsche Gesellschaft: Sie erschaffen einen deutschen Schtar in Hollywood! Danke, Danke, Danke!

  • G
    Georg

    Wären Sie doch in die nächste Sparkasse oder Raiffeisenbank gegangen und hätten sich selber informiert. Aber das sind ja böse Banken, die ihnen höchstens für ein kostenloses Girokonto gut sind.

  • H
    habnix

    Wie immer, der Kapitalismus ohne Moral zum Maximalprofit und am Sonntag in die Kirche gehen und sich über den neuen Papst freuen.

  • R
    reblek

    Nicht vergessen: Maschmeyer ist ein guter Freund von Schröder, Gerhard. Schönes Lumpenpack, das sich da gefunden hat.

  • RB
    Rainer Baumann

    Hallo, Frau Maier,

    mein Geld wollte er auch. Ich hab' es ihm nicht gegegeben.

  • A
    Arne

    Tja, leider immer noch nicht ganz im Kapitalismus angekommen. Es läuft nach wie vor eine Sammelklage gegen AWD über die Österreichische Verbraucherzentrale. Der kann man sich ohne Kostenrisiko anschließen, weil eine Prozeßkostenfinanzierung durch eine kommerzielle AG übernommen wurde, die nur eine Beteilligung im Erfolgsfalle will.

    Ist auf jeden Fall besser, als das Geld ganz abzuschreiben.

    Verbindung zu der österreichischen Verbraucherzentrale stellt wohl in Deutschland die "Stiftung Warentest" her.

     

    Interessant ist es schon, dass man über diese Sachen mehr in Österreich hört als in Deutschland. Dass jemand wie Maschmeyer überhaupt hier im Fernsehen auftreten kann ohne einen Aufstand auszulösen, deutet darauf hin, dass er sich die richtigen Freunde ausgesucht hat, die auch dafür sorgen, dass sein Image unangekratzt bleibt in der deutschen Öffentlichkeit.

    Mal abwarten, wann Jauch bei einem Thema zu Kindererziehung Marc Dutroux einlädt.

  • F
    Frank

    Das ist halt genauso ein asozialer Dampfplauderer wie die Leute die mit HartzIV die Dupinglöhne eingeführt haben. Armes Deutschland.

    Schade, dass ich nicht schreiben kann, was ich wirklich über diese Typen denke ;-)

    Auch komisch, dass der Bund die Milliarden, die an die Banken gingen nicht zurückholt. Bin gespannt wer demnächst mit hoch dotierten Vorstandsposten belohnt wird. Ich würde sicher unbeschwerter leben, wenn ich nie Zeitung lesen angefangen hätte.

  • H
    hundotto

    Wer so gehasst wird kann zuhause sein eigenes Spiegelbild kaum ertragen.Es kommt der Tag der grossen Abrechnung.Dieser sog.Mensch wird noch zu Lebzeiten merken was für ein Schwein er ist.Keine Sorge.Wir wissen das das erschwindelte Geld anderer Menschen nicht glücklich macht,man kann sich vlt.eine zeitlang Glück und Freunde kaufen,aber niemals das Gefühl wirklich geliebt zu werden.Hundotto

  • K
    Klesner

    Naja, das kann man Renauld nun wirklich nicht ankreiden. Schlechtgewartete VWs sind nach Zahnriehmenriss auch Schrott. Ist halt Pech.

     

    AWD konnte ich vermeiden. In den 90er hatte ich den Maschmeier in Trier agieren sehen. Irgendwie kam mir der Gedanke "Göbbels" bei der Finanz-Verkäufer-Agitation. Üble Bande, dachte ich und hielt mich fern.

  • T
    TeufelsAdvokat

    Liebe Frau Maier, waren Sie denn ernsthaft der Meinung, eine sichere Anlage wuerde fantastische 7% Zinsen bringen?

  • M
    Martin

    Was ist das für ein Artikel??? Was steht da drin?? Nichts........und dafür soll man wirklich noch was zahlen. Könnt ihr hier bei taz mal Leute schreiben lassen, die wirklich was interessantes recherchiert haben. Das kann doch nicht ihr Ernst sein, so etwas als Qulitätsjournalismus zu bezeichnen. Es ist echt nervig hier nur noch Beiträge von Frustrierten zu lesen.

  • H
    hanfbauer

    AWD verkauft, dafür die SPD eingekauft und ich wette, auch dabei hat der Maschmeyer keinen Verlust gemacht!

  • W
    Wolfgang

    Es handelt sich um staatlich-polizeilich und rechtlich-juristisch geschütztes legales Verbrechertum! Siehe nur: die Quandts, für 2010 und 2011, zusammen, mehr als 1.000-Millionen Euro Dividende, nur von der BMW AG. Selbst die Steuer hierfür: ein Ergebnis aus der realen Wert- und Mehrwertschöpfung der dafür abhängig technisch-wissenschaftlich beschäftigten werktätigen Frauen und Männer! - Der Staat bzw. die (A)"Soziale Marktwirtschaft" und gesellschaftspolitische Administration - mit und ohne Bundesverdienstkreuz - ist die Agentur bzw. der vom staatlichen Gewaltapparat geschützte Zuhälter, der Zuhälter der real herrschenden Bourgeoisie, DAX-Vorstände und Erbschafts-Großaktionäre. Eben, legales Verbrechertum im 21. Jahrhundert in Deutschland und EU-Europa, weltweit!

     

    Die gewöhnlichen Kriminellen, auch Kleinkriminellen, landen für einen Bruchteil in Haftanstalten!

     

    Merke: "Zellengefängnisse! im Interesse der arbeitenden Klasse: das ist das letzte, das einzige ernst gemeinte Wort des Bourgeoissozialismus." (Manifest, Marx-Engels)

     

    Übrigens, das Kapital, die Finanz- und Monopolbourgeoisie, sie hat die Köpfe in Deutschland und Europa, heute, unter einer besseren und umfangreicheren Kontrolle als im Faschismus - von 1933-1945. Auch diese objektive Wahrheit wird weiterhin von den bürgerlichen Parteien (SPD-CDU-CSU-FDP-Grün-Linke), der Bundesregierung und Lobby-Parlamentsmehrheit, von der Pseudo-Wissenschaft und der Mehrzahl aller Journalisten, erfolgreich medial unterschlagen!

     

    Bundesdeutsche Michelins aufwachen? - trotz alledem!

  • E
    ebsw

    Mein Mitleid mit der Autorin hält sich in engen Grenzen. Wenn schon aus dem Osten, dann muß sie in den entscheidenden Fächern absolut gepennt haben, oder ihre Gier ist mit ihr durchgegangen, wie bei so vielen.

     

    Wieso stellt man, aus dem Osten kommend, nicht die Frage, wie es überhaupt gehen kann, dass Geld durch Anlage mehr werden kann?

     

    Da es auch in der Ökonomie kein perpetuum mobile gibt, kann Geld doch nur von einer anderen Stelle weggenommen werden. Und Marx hat das ja beschrieben....

     

    So gesehen gleicht die Autorin nur einem betrogenen Betrüger. Wer den Schaden hat, spottet jeder Beschreibung......

  • G
    Gähn

    Ein junges Mädchen ist so blöde und verschenkt ihr Geld an Versicherungen oder irgendwas.

    Ein Arschloch profitiert davon.

     

    Und als ob das ganze in den sozialistischen Staaten nicht noch viel krasser und ohne irgendeine Möglichkeit sich sein Geld zurückzuklagen abgegangen wäre ist jetzt natürlich nicht persönliche Leichtgläubigkeit sondern der Kapitalismus schuld.

  • J
    Jan

    Der Maschmayr wird noch ekelhafter, wenn man sich den Gas Gerd anschaut, wie er die größte Schweinerei der deutschen Nachkriegsgeschichte - lustigerweise nach einem VW Verbrecher benannt, der Betriebsräte in brasilianischen Puffs zum Schweigen brachte - über den Klee lobt.

    Zudem gehört ein Mann namens Riester vor Gericht gezerrt, um einmal ganz genau zu erörtern, wie es kommen konnte, dass ein Gesetz zur privaten Altersvorsorge auf den Weg gebracht wurde, und - welch Zufall - die passenden "Finanzprodukte" beim AWD schon aufgelegt waren, bevor das Gesetz überhaupt verabschiedet wurde.

    Herr Maschmayr hat mit seinen korrupten "Freunden" aus Hannover, auch ein gewisser Herr Wulff darf sich in diese Gruppe einreihen, die besagten 640 Mio Euro ERGAUERNT. Er gehört enteignet und für den Rest seines Lebens mit einem Berufsverbot im Bereich Geldwirtschaft und Versicherungswesen belegt. Wäre zu schön zu sehen, wie er und die Ferres auf Hartz IV Niveau in einer Sozialwohnung dahin vegetieren.

  • WR
    Willibald Raffelt

    Viele haben früher nicht geglaubt, was der

    Marxismusdozent erklärte.Heute wären sie für Nachhilfe dankbar aber in diesem Staat sind ja auch solche Erklärer Mangelware.Danke deshalb an Frau Maier.

    Man sollte nämlich beachten, dass der Herr Maschmeyer

    ein verhältnismäßig kleines Licht ist unter den

    großen Kassierern der Wirtschaftsbewunderer.Nachdenken sollte aber jeder Gebührenzahler darüber, warum vom

    Zwangsgeld für ARD und ZDF von auch nicht armen

    Einladermoderatoren - wer ist Millionär- ausgerechnet

    Leute unter die Kuppel geholt werden, deren Lobby

    entscheidend am Rad der weiteren Umverteilung der mit Niedriglohn erarbeiteten Reichtümer dreht.