piwik no script img

Kolumne Seitenblicke auf den US-WahlkampfA Lonesome Cowboy for Obama

Ein Waffenhändler verlor seinen Job, weil er für Obama gestimmt hat. Welcome to the "silly season".

Wenn in den USA während des Endspurts im Wahlkampf die "silly season" anbricht, dann hat das schon fast mit der Kölner "5. Jahreszeit" zu tun. Närrisch wird es dann. Obwohl Dan Cooper es wirklich nicht mehr lustig findet. Denn der Waffenschmied aus Montana musste nun seinen Managerposten bei der Gewehrfabrik aufgeben, die er selbst gegründet hat - und zwar weil er Barack Obama unterstützt. Cooper, ein bulliger Mann, hat, wie schon sein Vater, immer für die Republikaner gestimmt. Bis Obama kandidierte. Den findet er entgegen seiner genetisch konservativen Disposition einfach gut. "Weil er gegen den Irakkrieg ist und weil mir die republikanische Partei zu konservativ geworden ist", wie er erklärt.

Bild: taz

Adrienne Woltersdorf ist USA-Korrespondentin der taz.

Coopers neue Demokraten-Liebe ging nun so weit, dass er der Kampagne des schwarzen Kandidaten 3.000 Dollar spendete. Und das, obwohl Obama früher konsequent davon gesprochen hatte, das in der Verfassung verankerte Recht der US-Amerikaner auf das Tragen von Waffen, zumindest in den Städten, einschränken zu wollen. Dabei handelt es sich um eine - meist ergebnislose - Diskussion, die zu jeder US-Wahl kurzzeitig den Siedepunkt erreicht.

Natürlich musste Obama zurückrudern. Doch zu spät. Als die rechte Bloggerszene aus Medienberichten davon Wind bekommen hatte, dass der Waffenschmied persönlich in das "unamerikanische Weichei-Lager" gewechselt war und dass er Obama sogar Geld gespendet hatte, riefen sie zum Protest gegen die Firma Cooper Firearms auf.

Ein besonders erboster Blogger veröffentlichte auf snowflakesinhell.com die Firmenadresse und bat alle rechtschaffenen Ballerer zum Boykott. Binnen kurzer Zeit gingen 1.000 Protest-E-Mails bei der Waffenmanufaktur ein. Diese reagierte mit dem Rausschmiß Coopers: "Obwohl wir glauben, dass jeder Mensch das Recht hat zu wählen, wen er will, meinen wir, dass die Auswirkungen nicht nur Herrn Cooper allein betreffen. Sein Verhalten bedeutet auch möglichen Schaden für die Angestellten und Shareholder unserer Firma. Der Vorstand hat daher Dan Cooper gebeten, vom Amt des Präsidenten zurückzutreten."

Bob Ricker, der Vorsitzende der US-amerikanischen Jäger- und Schützenvereinigung, die ihrerseits Obama ihre Unterstützung ausgesprochen hat, erinnert das an "eine Hetzte wie unter McCarthy". "Unsere Organisation wurde genau deshalb gegründet, um solcher Verrücktheit entgegenzuwirken." Halali!

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!