Kolumne Pressschlag: Poldi nach Baku!
Langweilige Abschiedsspiele des DFB-Teams sind spannender als Qualifikationsspiele. Das muss anders werden.
![Lukas Podolski verabscheidet sich von seinen Fans. Lukas Podolski verabscheidet sich von seinen Fans.](https://taz.de/picture/1880297/14/Lukas_Podolski_Abschied_dpa_23032017.jpeg)
D er Abschied von Lukas Podolski kam zu früh. Man hätte ihn auf den Qualifikationsspieltag diesen Sonntag verlegen müssen, um aus der Partie gegen Aserbaidschan wenigstens ein Event zu machen. Für Poldi wären seine treuen Kölner Verehrer sicherlich auch in großer Anzahl nach Baku gereist, um richtig Stimmung zu machen. So aber bleibt die Begegnung nichts weiter als ein Quaaaalifikationsspiel. Dieses Wort können Nationalelfbeobachter schon gar nicht mehr aussprechen, ohne beim dritten Buchstaben ein Gähnen zu unterdrücken.
Die DFB-Elf hat ein Problem. Sie ist zu dominant geworden. Selbst im unwahrscheinlichen Fall einer Niederlage in Baku, wird niemand daran zweifeln, dass die DFB-Elf bei der WM 2018 in Russland dabei sein wird. Jenseits der großen Turniere hat das Team von Joachim Löw weder etwas zu gewinnen noch zu verlieren.
Ums Gewinnen und Verlieren geht es in der Bundesliga, Europa League oder Champions League. In den Länderspielwochen dagegen entscheidet sich aus deutscher Sicht nichts, was man nicht schon vorher wüsste. Und die Schlagzeilen dieser Woche zeugen nicht gerade davon, dass die Nationalelf ein sonderlich produktiver Unterhaltungsbetrieb wäre. Mesut Özil tut der Rücken ein wenig weh, den Debütanten Timo Werner plagt eine Muskelverletzung, und Jonas Hector, die bislang aufregendste Meldung, ist seit Mittwochabend mit 26 Einsätzen saarländischer Rekordnationalspieler und hat damit Stefan Kuntz überflügelt.
Nicht umsonst wird diese spannungsarme Phase von vielen Veranstaltern mittlerweile genutzt, um Aufmerksamkeit auf anderes zu lenken. Beim FC Bayern München etwa hat man diese Woche die Liebe zum Frauenfußball entdeckt und entsprechend für deren Champions-League-Wettbewerb getrommelt. Bei Hertha BSC Berlin ist das Abschiedsspiel des Brasilianers Marcelinho das große Event des Wochenendes.
Joachim Löw konnte sich das Lächeln nur mühsam verkneifen, als er kürzlich die Begegnung gegen Aserbaidschan zum Spitzenspiel adelte. Viel mehr hat er nämlich damit zu tun, die Erwartungen auf einen Kantersieg zu dämpfen. Löw warnte, die Partie (Spitzenspiel) werde kein Selbstläufer. Und offenbar fühlte er sich genötigt, deutlich zu machen, dass es für sein Team noch einiges zu tun gibt. Auf der Agenda der Nationalelf stehen mehr Dominanz und Effizienz.
Da die Dominanzdemonstrationen immer ermüdender werden und zudem mit der Erweiterung der WM 2026 auf 48 Teilnehmer die Hürde der Qualifikation in lächerliche Tiefe heruntergesetzt wird, muss sich der DFB Gedanken machen, wie er das Publikum künftig bei der Stange halten will. Mit der Abschaffung der Abschiedsspiele, die wie im Falle von Podolski eben nun während der Freundschaftsspiele ehrenvoll entlassen werden, hat man den ersten Schritt schon unternommen, um den Unterhaltungswert dieser Begegnungen zu steigern.
In einem zweiten Schritt sollte man nun die Freundschaftsspiele abschaffen, um die Quali-Duelle aufzupeppen. Und bei der WM 2026 könnte man ja den Vorrundenspielen eine Bedeutung verleihen, indem man etwa Joshua Kimmich einen würdigen Abschied bereitet.
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