Kolumne Press-Schlag: Frischluft über der Säbener Straße

Von Jürgen Klinsmann als Trainer kann der FC Bayern München nur profitieren.

Die deutsche Fußball-Bundesliga zeigte sich bislang resistent einem Phänomen gegenüber: dem Reformwerk des Nationaltrainers Jürgen Klinsmann. Sobald sich der Schwabe mit seinem Trainerstab, Gummibändern und computergestützten Erkenntnissen näherte, wurde er von den Bossen der Liga barsch zurückgewiesen. Brauchen wir nicht, haben wir schon, was will der Bursche eigentlich, hieß es aus den Zentralen der deutschen Fußballmacht.

Auch Uli Hoeneß stimmte in den Chor der Saturierten ein. Jetzt hat er es sich anders überlegt, macht das Tor weit auf für Klinsmann. Der ist willens, die Liga im Sturm zu nehmen, keiner von den Besitzstandswahrern zu sein, die nicht gemacht sind für Fortschritt, Wachstum - und den steilen Pass in die Tiefe.

Der FC Bayern kapituliert freilich vor einem Anfänger. Doch das kann nur gut sein für den Rekordmeister. Ein bisschen Frischluft über der Säbener Straße schadet gewiss nicht. Eine Abkehr von der One-man-Show Frank Ribéry täte dem Klub gut, offensiver und inspirierter Fußball ohnedies.

Will Klinsmann erfolgreich sein, dann steht dem FC Bayern eine Modernisierung bevor. Jürgen Klinsmann wird schon aus Gründen der Selbstvermarktung versuchen, die DFB-Reform beim FC Bayern München in modifizierter Version durchzudrücken. Sicherlich kann er in München nicht schalten und walten wie im künstlichen Kosmos der Nationalmannschaft, dafür reicht der Einfluss von Franz Beckenbauer, des Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge und von Manager Uli Hoeneß einfach zu weit. Aber der Neue wird einen Teufel tun und faule Kompromisse schließen.

Nichtsdestotrotz muss Jürgen Klinsmann nicht nur die Öffentlichkeit davon überzeugen, dass er den Job eines Vereinstrainers machen kann, auch die Bayern-Riege muss er im harten Alltagsgeschäft der Bundesliga überzeugen. Geht es gut mit dem Trainer Klinsmann, darf sich auch Uli Hoeneß als Visionär feiern lassen. Gehts schief, ist zuerst einmal Jürgen Klinsmann gescheitert. Dann wird es ziemlich schnell heißen: Der kann nur Nationalmannschaft - und auch das nur, wenn er den Rückenwind von achtzig Millionen deutschen Fußballfans verspürt.

Mutig ist die Entscheidung Jürgen Klinsmanns allemal. Er hätte sich einen schönen Lebensabend als Coach der amerikanischen Nationalmannschaft oder auch von Los Angeles Galaxy machen können - fernab vom nervösen europäischen Medienbetrieb. Das war ihm zu einfach. Er geht ins grelle Scheinwerferlicht der Münchner Bayern und sucht die ultimative Herausforderung.

Aber vielleicht haben die Bayern auch nur einen Trainer gesucht, mit dem auch Platz drei ein Riesenerfolg ist.

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