Kolumne Press-Schlag: Werders Wunder
Die Bremer sprechen tatsächlich jetzt schon von der Meisterschaft. das gab's noch nie. Aber Marin. Özil und Hunt haben Werder vor dem Absturz nach der Diego-Ära bewahrt.
D ie Diskussionen aus dem letzten Jahr hat Werder gut überstanden - ja der Klub macht sogar den Eindruck, dass es ihm besser gehe als je zuvor. 21 Pflichtspiele ohne Niederlage hat Bremen in dieser Saison absolviert, mit Ausnahme des beinahe schon traditionellen Auftaktpatzers präsentiert sich die Mannschaft als unschlagbar. Auch gegen Wolfsburg.
Nun könnte man einwenden, dass der VfL weit entfernt von meisterlicher Form ist. Aber die Mannschaft von Armin Veh ist deutlich stärker als zu Saisonbeginn. Der späte Ausgleich durch Mertesacker verdeutlicht eher, dass das Bremer Team völlig intakt ist. Die Stärken überwiegen die Schwächen deutlich, und seitdem Torsten Frings sich um die Organisation kümmern darf und nicht mehr blindwütig nach vorne stürmen muss, steht die Defensive auch ohne zwei wirklich erstklassige Außenverteidiger hervorragend.
Im Zentrum sind die beiden doppelten Längenmeter Mertesacker und Naldo nur schwer zu überwinden, das routinierte Stellungsspiel von Frings tut ein Übriges. Den Defensivspezialisten bieten sich nun eine Fülle vom Anspielmöglichkeiten. Denn eines ist nicht eingetreten, was alle befürchtet hatten: der tiefe Fall ins Mittelmaß ohne den Spielgestalter Diego, der zu Juventus gewechselt ist. Stattdessen brilliert die Bremer Offensivabteilung mit Marko Marin, Aaron Hunt und Mesut Özul, dem vielleicht größten Talent des deutschen Fußballs seit Sebastian Deisler. Hier ist nicht mehr nur einer anspielbar, sondern die Verantwortung ist auf drei spielstarke Kicker verteilt. Dass sie alle dazu noch torgefährlich sind, macht Bremen unberechenbar, sodass ein einziger Stürmer - Pizarro oder Almeida - ausreicht.
Maßgeblichen Anteil am Aufschwung trägt Aaron Hunt, der endlich sein Potenzial abruft und sich nicht mehr in Eskapaden verstrickt. Und die Verpflichtung Marins zeugt von gutem Augenmaß. In Bremen kann er sich an der Seite von Özil und Hunt entwickeln, anstatt anderswo zum Heilsbringer ausgerufen zu werden.
Schaafs Geschick wird ohnehin nur noch bestaunt. Als es in der letzten Saison schlecht lief, hielt er sich mit dem Pokalsieg und dem Vorstoß ins Uefa-Cup-Finale schadlos. Mittlerweile ist ihm wieder alles zuzutrauen. Die Bremer sprechen tatsächlich von der Meisterschaft - ein Novum inmitten der Unaufgeregtheit, doch es muss kein schlechtes Zeichen sein. Denn wann immer sie die Titelambitionen von sich wiesen, wurden sie Zweiter oder Dritter.
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