Kolumne Ökosex: Die Gala der Nachhaltigkeit

Was ich mit Annie Lennox und Uschi Glas gemeinsam habe? Wir interessieren uns für die dieselben Themen.

Erst ein Wort zum Verhältnis Politik und Individuum, weil das in dieser Zeitung so kontrovers diskutiert wurde. Sollten wir uns selbst Mühe geben, oder muss das alles Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) machen? Beispiel EU-Autodeal: Meine Mutter hat ein Auto mit 83 g CO2/km. Sigmar Gabriel sagt, es sei ein ganz toller Erfolg, dass er mit der EU für 2020 einen Flottenwert von 95 g CO2/km knallhart vorgeschrieben hat. Ich wiederhole: Meine Mutter fährt viertürig mit 83 g/km im Jahr 2008. Gabriel freut sich über 95 g im Jahr 2020.

Sigmar Gabriel mag ein dufter Kerl sein, aber von den Herausforderungen des Klimawandels hat er keine Ahnung. Es stimmt: Diese Politik ist lächerlich. Hilft aber nix: Wir müssen jetzt ran. Die Leistungsträger dieser Gesellschaft. Deshalb sind gute Vibrationen und Ökotainment so wichtig. Auch das ZDF denkt in diese Richtung. Da konnten wir in der Sendung "Umwelt am Sonntag" bereits das Ökosexvideo "Weihnachten ohne Atom" unterbringen. Das ist unser immergrüner Weihnachtshit jetzt auch auf unserer neuen www.oekosex.eu-Seite. Dieses Jahr hat nun meine Kolumnenband für alle Ökosexfreunde ein besinnliches Stück gezaubert über Annie Lennox und die Sustainability. Das ist der Versuch, das sehr schwierige Thema der Nachhaltigkeit musikalisch in den Griff (G-Dur) zu kriegen. Die Zeit dafür ist reif.

Erinnern wir uns: Wir Ökos mussten ja früher immer mit denselben schlecht gekleideten Leuten auf den immer gleichen Konferenzen rumhängen. Supertröge! Der Gipfel der Langeweile waren Treffen zur nachhaltigen Entwicklung, zur Nachhaltigkeit, Sustainable development, Sustainability. Wir Holländer sagen übrigens "duurzame ontwikkeling", aber das macht es auch nicht lustiger. Hat jedenfalls den Mainstream nie erreicht. Warum? Anders als bei Filmgalas, bei Bambi- und Charity-Abenden waren bei unseren Treffen nie Promis dabei. Eine Schande. Aber seit 14 Tagen ist das nun anders. Als die tolle Annie Lennox in Düsseldorf zu mir sprach, bei der Verleihung des Deutschen Nachhaltigkeitspreises. Den hat der Journalist Stefan Schulze-Hausmann initiiert. "Nachhaltigkeitspreis" klang ja erst mal ganz normal öde. Doch, wow, diese Show war so ganz anders.

Sitze ich am Nachmittag in einem Workshop zum Thema nachhaltiger Konsum, da ging es um biologische Unterwäsche, gucke nach rechts rüber, sitzt da Uschi Glas. Ich hatte schon am morgen gespürt, dass auf dieser Veranstaltung was nicht stimmte. Dieses schicke Hotel am Flughafen, damit man leichter einfliegen konnte. Ich gucke mich so um, und kannte Niemanden. Das waren alles wichtige Businessjungs aus den Vorstandsetagen, die 1.000 Euro für den Tag zahlten. Und dann ging es um Fair Trade, um die Faszination der Photovoltaik und bessere Kühlschränke. Super! Klaus Töpfer vom Nachhaltigkeitsrat der Bundesregierung ließ es krachen: "Wir geben Geld aus, das wir nicht haben, um Dinge zu kaufen, die wir nicht brauchen."

Das war Konsumkapitalismuskritik vom Feinsten. Die Anzugträger fanden's toll. Und abends dann die Preisverleihung als Gala auf dem Boulevard der Schönen und Reichen. Prinzessinnen in lustiger Abendgarderobe. Sabine Christiansen moderierte und fand die Nachhaltigkeit dufte. Kati Witt auch. Und der Schauspieler Hannes Jaenicke kämpft gegen das Artensterben. Der Prince of Wales sprach per Videoeinspielung über nachhaltigen Landbau. Er und Solarworld und viele, viele andere bekamen einen Preis in irgendwelchen duften Kategorien. Volkswagen und BASF bekamen auch einen. Hoho. In Sachen nachhaltiger Heiterkeit war der Abend also nicht zu überbieten. Und dann sang die nachhaltige Annie Lennox. Sie war so klasse. Sie hat ein tolles Aidsprojekt in Afrika, das heißt "Sing". Deshalb dieser Song. "Annie Lennox said to me, it's sustainability."

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