Kolumne Neben dem Platz: Nachfragen nicht gestattet
Die Uefa will den russischen Verband für Verfehlungen seiner Fans hart sanktionieren.
D er europäische Fußballverband hat die große Repressionskeule hervorgeholt. Weil russische Fans es wagten, das komplett durchgestylte Uefa-Event schon am Eröffnungstag mit Feuerwerkskörpern und einer Attacke auf einen Ordner zu stören, soll Russlands Verband nun büßen. Neben einer Strafe von 120.000 Euro wurde ein Sechs-Punkte-Abzug für die Qualifikationsphase zur nächsten Europameisterschaft verhängt, sollten die Fans bis zum Ende der Play-offs noch ein weiteres Mal negativ auffallen.
Umgehend hat die russische Seite Einspruch angekündigt. Verbandschef Sergei Fursenko erkannte, dass eine Qualifikation mit dieser Bürde kaum möglich sein dürfte, und bezeichnete die Entscheidung als „Präzedenzfall, wie damals der Ausschluss der englischen Klubs aus dem Europapokal“. Die Angst auf russischer Seite ist berechtigt, hat der Verband doch kaum Einfluss auf ein Uefa-konformes Verhalten seiner Fans, die tatsächlich nicht ausschließlich für ihre guten Manieren bekannt sind.
Doch sind die unangenehmen Anhänger in den Kurven nur das ungehobelte Pendant zur Mafiosiriege auf den VIP-Tribünen. Wie die korrupten Fußballverbände, die sich noch nie um die Sauberkeit des Sports verdient gemacht haben, aus ihren Turnieren störungsfreie Wohlfühloasen basteln wollen, ist Teil des modernen Fußball. Wer dieses Spiel nicht mitspielt, wird abgewatscht.
Noch 2006 musste der DFB für Krawalle und rassistische Exzesse seiner Fans bei einem Spiel in der Slowakei lächerliche 12.500 Euro entrichten. Im aktuellen Fall ließ die Uefa dagegen Schmährufe gegen den dunkelhäutigen tschechischen Spieler Theodor Gebre Selassie in der Urteilsbegründung unerwähnt. Nachfragen nicht gestattet.
Erbarmungslos wird jede Thematisierung von Fanverhalten unterdrückt, ebenso wie in den Fernsehübertragungen Bilder von Flitzern und Bengalos zensiert werden. Der Fußballverband regiert ebenso autoritär wie der ukrainische Präsident, insofern ist die Ukraine der passende Austragungsort für die EM 2012.
Sollte die Uefa die neue Linie von zu harten Strafen, die in den sportlichen Wettbewerb eingreifen, hingegen durchziehen wollen, könnte das Teilnehmerfeld der nächsten EM ein gänzlich anderes sein. Auch deutsche, italienische und kroatische Fans zündeten bereits Feuerwerkskörper in ihren Blöcken.
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