Kolumne Kriegsreporterin: Wenn die Wahrheit auf der Pizza liegt
Nein, keine Witze über Karl-Theodor, den großen Verführer. Ich habe mein eigenes Personal. Auch dabei: eine rüstige, orakelnde Feministin.
H allo, taz-medienredaktion, nein, keine Sorge, jeden von euch Pappnasen habe ich handverlesen. Ihr könnt sitzen bleiben. Und ich kann euch beruhigen: Bei mir wird es heute keine Doktorwitze geben.
Wir fangen mit Franz Josef an. Wagner mit Nachnamen. Gottes größter Zyniker, der es je in das Haus Springer geschafft hat, gratuliert den aus der Inhaftierung im Iran freigekommenen Journalisten Marcus Hellwig und Jens Koch und beendet seinen warmen Regen mit den Worten: "Der Beruf eines Reporters ist kein Partyservice. Ein Reporter serviert keine Pizzas, ein Reporter serviert die Wahrheit." In diesem Zusammenhang sind wir schon sehr gespannt auf die kommenden Berichte über die Hintergründe des Auftrags zum Waisenschütteln im Iran. Über die Verantwortung und ggf. die Fahrlässigkeit des Springer-Verlags, was die Aussendung der beiden anbelangt.
Wollte Springer bislang keine Auskunft darüber geben, unter welchen Bedingungen sie eingereist sind, wird man vielleicht bald von ihnen selbst hören, wie erfahren sie tatsächlich in Krisengebieten sind und was an dem Gerücht dran ist, dass zunächst ein Journalistenvisum beantragt worden war. Bevor sie - gemeinsam in einer Maschine? - als "Touristen" einreisten. Und was damit gemeint ist, wenn eine der Schwestern von Marcus Hellwig im Spiegel-Interview sagt, Hellwig habe "gebeichtet, wie dringend er mal wieder eine richtig gute Geschichte bräuchte". Die Frage nach der Verantwortung des Springer-Verlags bei der Kamikaze-Aktion wird eine spannende werden. Bleibt zu hoffen, Koch und Hellwig werden nicht durch Geld und/oder Druck mundtot gemacht. Wir erinnern uns: "ein Reporter serviert die Wahrheit."
Die Kriegsreporterin berichtet jeden Mittwoch von der Medienfront. Feldpost? Mail an kriegsreporterin@taz.de
Welche Rolle auch eine klare Neudefinition braucht, ist die Alice Schwarzers. Die rüstige Feministin hat nach ihren jahrelangen Aktivitäten für die Springerpresse und als lustige Kandidatin in Ratesendungen eine neue Berufung gefunden. Als Orakel. Ob Amokläufer, Kachelmann oder Karl-Theodor - Alice Schwarzer orakelt sich durch die Republik und findet zu jedem gesellschaftlichen Thema eine Position. Eine Meinung. Eine These. Eine Feststellung. Eine Mutmaßung. Ein Aneurysma. Was Krake Paul für den Fußball war, ist Schwarzer für die Gesellschaftspolitik. Auf allem legt sie ihre weichen, weißen Arme ab und saugt sich fest. Ihrem Zugriff gibt es kein Entkommen. Neben Dieter Wedel (!) saß auch sie bei der ehemals um Ernsthaftigkeit bemühten Anne Will zum Thema "Doktor Guttenberg - alles nur geklaut?" Seit die ARD mit der einstigen Hoffnungsträgerin umgeht wie mit einem ausgemusterten Rennpferd, geht Anne Will mit ihrem Publikum um wie ein Losbudenverkäufer, dessen Hauptgewinn sich als giftige Mangelware entpuppt.
So, und nun zu mir. Denn ich bin - ähnlich KTzG - auch nicht unfehlbar. Ich sollte es sein, das ist klar, aber manchmal ist mein Kopf so voll von Männern, dass ich gar nicht mehr weiß, wo oben und wo unten ist. Letzte Woche etwa habe ich dem "Aspekte"-Herles den Vornamen "Volker" gegeben, obwohl der Wolfgang heißt. Wobei ja immerhin der zweite und der dritte Buchstaben stimmen. Das ist passiert, weil der Herres-Volker so allgegenwärtig ist und auch in etwa die gleiche Statur hat. Also eigentlich als Double durchgehen könnte, wenn ich es mir recht überlege. Auf jeden Fall ist das natürlich arg blöd, wenn man über die Namensgebung von Volker-Wolfgangs neuer Büchersendung nachdenkt. Ich überlege also neu und melde mich. Grübelnd zurück nach Berlin!
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