Kolumne Habseligkeiten: Mit dem Teufel in Goa
Ich kann nicht feilschen, nicht hier und nicht in Indien. Ich kann nicht mal feilschen lassen.
V or drei Wochen bestellte ich zwei T-Shirts im Internet. Ein paar Tage später lag ein brauner Karton beim Antiquitätenhändler unten im Haus, der Rechnungsbetrag war vom Konto abgebucht. Ich trug die Pappbox hoch und öffnete sie. Die T-Shirts lagen nicht einfach darin, sie waren in Seidenpapier eingeschlagen, das leise raschelte.
Alles war so adrett, dass ich mich fühlte, als habe mir Aschenputtels gute Fee ein Geschenk gemacht. "Langsam", dachte ich, "werde ich ein Anhänger des Onlineshoppings, denn es ist einfach und geht schnell."
Letzte Woche stand ich auf der Hauptstraße von Baga in Goa, Indien. Ich dachte an das hübsche Paket in der fernen Heimat. Denn ich war mitten in eine Schlacht geraten, in der zwei Seiten feilschten, als ginge es mit dem Teufel um die versprochene Seele. In Europa gibt es nur wenig Gelegenheiten, bei denen man ausgebufft handeln muss:
ist Redakteurin im taz-Ressort "Gesellschaft, Kultur & Medien".
Beim Küchenkauf (mindestens 60 Prozent runter und immer nach dem Geschäftsführer fragen!) und bei Gehaltsverhandlungen (den eigenen Wert nicht unterschätzen!). Weder das eine noch das andere liegt mir. Das weiß ich sehr genau. Und aus diesem Grund werde ich bald in einer Festpreisküche von Ikea kochen.
In anderen Ländern jedoch kann auch der Kauf eines kleinen Ledernotizbuchs in einem endlosen Hin und Her enden. "This is a good price!" beschwerte sich der Händler bei meiner Mutter. Wenn er das Buch billiger verkaufe, mache er keinen Profit. Indiskutabel, fanden die anderen Familienmitglieder, die mitgekommen waren, um mir beim Einkaufen zu helfen - angeblich.
Ich selbst fand den Preis, der mir genannt wurde, zwar auch zu hoch, war aber mit der Hälfte der Summe, auf die wir uns hätten einigen können, sehr zufrieden. "Sag das bloß nicht!", wurde ich ermahnt. Wir mussten den Laden verlassen, in der Hoffnung, dass der Verkäufer einen niedrigeren Preis nennen würde.
Das tat er aber nicht. Ich war sauer. Auf meine Mutter, weil sie mir verboten hatte, das Buch zum ausgehandelten Preis zu kaufen. Auf die Tanten, die mitgekommen waren, um mir zu helfen. Und vor allem auf mich selbst, weil ich mir das alles bieten ließ. Auf dem Rückweg - es wurde auch mit dem Taxifahrer gefeilscht - wurde ich schließlich richtig wütend.
Ich brauchte dringend ein Mitbringsel für C., die mir eine Hello-Kitty-Backform aus Thailand versprochen hatte, nun saß ich ohne Notizbuch da. Nur wegen fünfzig unverzichtbarer Cents. Mir lag nicht nur das Feilschen nicht, selbst im Feilschenlassen war ich ein Flop.
Abends, ich war immer noch leicht säuerlich, gingen wir auf einen Nachtbasar. Und was sah ich an jeder Ecke? Lederne Notizbücher! Wie viel eins koste, fragte ich einen Händler. Er nannte mir seinen Preis, wir einigten uns auf die Hälfte. Woran es am Morgen wahrscheinlich gescheitert war, erklärte er mir gratis dazu.
Er nämlich mache Europäern grundsätzlich einen besseren Preis als Indern. "Die Europäer handeln schlechter." Die Inder zahlen höchstens ein Viertel dessen, was er am Anfang behaupte haben zu wollen. Ob das stimmt? Ich weiß es nicht. Aber es macht Sinn.
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