Kolumne Generation Camper: Die magischen drei Kilo
Der US-Amerikaner Ray Jardine wird als Guru bezeichnet, weil seine Leichtgewichtsphilosophie immer mehr Anhänger findet. Gut so!
K lingt faszinierend, dieses „Draußen zu Hause“ von Jack Wolfskin, es riecht nach frischer Luft, Erde, Freiheit, Abenteuer. Aber es ist gefährlich. Denn die Gefahr, sich schon vor dem ersten Schritt ins Freie im Produktedschungel der Outdoorausrüster zu verirren, ist riesig. Wer kann schon 3-Lagen-Jackets mit Membran von einer 3-Lagen-Bekleidungstechnik unterscheiden. Dass Wolle jetzt wieder Hightech ablöst – ist Icebreaker dran schuld? Was meint Bodyfit Halfzip, wofür brauche ich Advanced Task Killer App? Was brauche ich überhaupt?
Der Rucksack wird zu einem Zweitwohnsitz, komfortabel, raffiniert und zum Umfallen schwer. So ausgerüstet, schleppen sich Menschen sogar über Europas beliebtesten Fernwanderweg, Camino de Santiago. Es gibt aber auch den „Ray-Way“, das Antiprogramm zum Glauben an die guten Ausrüster. „Das sind Extremisten!“, warnt mich gleich ein Globetrotter-Verkäufer, als ich von ultralight spreche und nach einem größeren Rucksack unter 1 Kilo Gewicht frage. „Haben wir nicht.“
Ray Jardine, ein US-Amerikaner, wird auch als Guru bezeichnet, weil seine Leichtgewichtsphilosophie zunehmend Anhänger findet. Was ich gut verstehe. Wo, wie in den USA, nicht gerade wenige Menschen auf Wildnistrails von mehreren Tausend Kilometern unterwegs sind, wird automatisch umgedacht. Und leichten Herzens der innere Messi verabschiedet.
Wie das geht? Philipp Winterberg („Jakobsweg im Smoking“) hat es versucht. Zuerst durchquerte er den Outdoorausrüsterdschungel und wagte sich dann nach Spanien: mit 3 Kilo Rucksackgewicht auf 800 Kilometer Strecke. Die frohe Botschaft: Es geht! Und es geht sogar noch leichtgewichtiger, wie er nach seiner Rückkehr berichten konnte. Winterbergs Erlebnisbericht ist eine Perle im Selfpublishing. Sein Versuch ist unbedingt nachahmenswert. Was geht schon über das gute Gefühl, schlank zu sein.
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